CLAUS LUMMA GESTALTET LEERE WÄNDE FÜR DIE ESPABAU


Genau ! Es ist auch ein Suchbild !

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Es gibt ein neues »Wimmelbild« in Findorff auf einer Fassade am Ende der Häuserreihe Herbststraße / Eickedorffer Straße, das am 1. Juli 2019 offiziell eingeweiht wird. Das Wandbild-Projekt wurde initiiert von Manfred Eisinger, Mitglied im Vorstand der ESPABAU. Von adäquaten Wohnungen für junge Familien bis zu Seniorenwohnungen für die älteren Mitglieder: An vielen Stellen in Bremen ist ESPABAU als Wohnungsanbieter aktiv. Wir sprachen mit Günther Warners, Leiter der technischen Abteilung im Unternehmen, der während der Umsetzung auch alle künstlerischen Projekte der ESPABAU betreut und mit dem Wandkünstler Claus Lumma.  Lumma betreibt das »C-Airbrush Studio«. Außerdem arbeitet er hauptberuflich als Betreuer von Obdachlosen in einer Bremer Notunterkunft. Weitere Informationen gibt es unter www.espabau.de und www.c-airbrush.de

 


Herr Warners, 2018 hatte die ESPABAU 125-jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass hat Bremens älteste Genossenschaft, die ihren Sitz am Standort Findorff hat, ein besonderes Geschenk bekommen, vor dem wir gerade stehen. Wer hat Ihnen da was zum Jubiläum geschenkt ?

 

Günther Warners: Wir sind von diesem außergewöhnlichen Geschenk überrascht worden. Dachdeckermeister Lutz Detring, Geschäftsführer der Friedrich Schmidt Bedachungs GmbH, hat einige Partnerfirmen, die seit Jahren für uns tätig sind, überzeugt, uns eine Fassadengestaltung zum Jubiläum zu schenken.

 

Sie betreuen als technischer Leiter bei ESPABAU auch die künstlerischen Projekte. Welche Zielsetzung verfolgt eine Wohnungsbaugenossenschaft mit solchen Aktionen ? Wollen Sie unsere oft graue Welt ein bisschen bunter machen ?

 

Günther Warners: Ja, das kann man so sagen. Wir haben bereits vergleichbare Projekte gemeinsam mit Claus Lumma realisiert und möchten an anderen markanten Punkten Findorff weiter verschönern.

 

Claus Lumma, Sie sind der Künstler, der das Wandbild als Fassadengestaltung für die bisher leere Wand am Eckhaus der Herbststraße/Ecke Eickedorferstraße entworfen hat und zur Zeit umsetzt. Was zeigt das gewählte Motiv und welche Idee steht dahinter ? 

 

Claus Lumma: Das Motiv zeigt eine Baustellensituation. Es geht darum, dass die ESPABAU auch Neubauten macht. Die Idee dahinter ist, dass alle Gewerke, die für das Wandbild gespendet haben, auf dem Motiv zu sehen sind – mit lebendig dargestellten Situationen auf der Bausstelle. Außerdem sollte es einen Bezug zu Bremen geben, wie der Fernsehturm in Walle, der ganz im Hintergrund dargestellt ist.

 

 

© alle Mathias Rätsch, außer: Gruppenaufnahme © Ulf Jacob

 

Insofern ist die Gestaltung der Fassade eine Art Suchbild ?

 

Claus Lumma: Genau ! Es ist auch ein Suchbild  ! Vielleicht baue ich zusätzlich noch eine versteckte Besonderheit ein, die die Kinder und natürlich auch die Erwachsenen suchen können. Die Wirkung des Bildes ist farbenfroh und die Wahrnehumg der Szenen für die BetrachterInnen komplex. Gezeigt wird auch die bunte Vielfalt der handwerklichen Betriebe in und um Findorff.

 

Inwieweit muss man Findorffer Geschichte und Geschichten kennen, um den Stadtteil mit entsprechenden visuellen Erzählungen zu verschönern ? 

 

Claus Lumma: In der Regel geht es in den verschiedenen Bildern immer um den Stadtteil und hier – richtig erkannt – um die verschiedenen Gewerke, die in Findorff ansässig sind. Ob Gerüstbauer, Tischler oder Maurer: Man beschäftigt sich im Vorfeld der Entstehung mit den verschiedenen Unternehmen und damit, was die alles so leisten – und lernt dabei auch immer etwas dazu.

 

Hatten Sie als Künstler volle Autonomie oder wurden die BewohnerInnen des ESPABAU-Eckhauses am Ende der Herbststraße für die Entwurfsideen mit einbezogen ?

 

Claus Lumma: Ich hatte lediglich die allgemeine Vorgabe in einem Wimmelbild die verschiedenen Gewerke in Baustellen darzustellen. Ansonsten war ich in der Ausgestaltung frei. Die Bewohner und Bewohnerinnen des Hauses waren nicht involviert, aber alle Reaktionen sind bisher durchweg positiv.

 

Mit welchen Techniken der Reproduktion arbeiten Sie, um den vermutlich eher kleinen Entwurf auf die Fläche der Wand umzusetzen, die 75 Quadratmeter groß ist ? Projizieren Sie die ursprüngliche Skizze auf die Fassade, um dann die Vorzeichnung zu machen oder wie gehen Sie vor ?

 

Claus Lumma: So ist es. Ich erstelle zunächst klein auf Papier und in schwarz-weiß eine Skizze. Diese Vorzeichnung wird im Anschluss auf eine Folie transferiert und in groben Linien mit allen Fluchtpunkten projiziert. Wenn ich Elemente einfügen möchte, arbeitete ich mit einem Raster. Zudem gibt es in jedem Bild viele kleine Details, die ich erst später beim colorieren hinzufüge.

 

Wie behält man im Prozess der Umsetzung jederzeit den Überblick, ob noch alle Proportionen stimmen ?

 

Claus Lumma: Man arbeitet mit den Fluchtpunktlinien. Die Fluchtpunkte muss man allerdings ständig kontrollieren. Ich steige vom Gerüst und schaue, ob die Fluchtpunkte zum Dachbalken noch stimmen. Nur aus der Entfernung erkennt man: »Okay, das kann so nicht sein und muss angepasst werden.« Der Fallturm zum Beispiel war ursprünglich viel zu groß. Das kommt vor und ich kann das aus der Nähe mit nur 50 cm Abstand zur Wand auf dem Gerüst auch gar nicht sehen. Dafür muss ich heruntersteigen, um das Gesamtbild zu überprüfenn. Damit alles richtig wird, ist immer ein bischen »Wasserwaage« und Individualität gefragt – und wenn etwas nicht stimmt,  arbeite ich nach.

 

Wie lange dauert es, bis ein Wandbild als Fassadengestaltung in dieser Größe fertig ist ?

 

Claus Lumma: Die Zeitdauer der Umsetzung eines Projektes ist abhängig vom Wetter. Bei hoher Luftfeuchtigkeit trocknen die Lacke nicht gut auf. Das sollte man vermeiden. Zweites Kriterium für die Zeitdauer ist Komplexität des Motivs. Dieses Bild hat viele Linien und Szenen und ist dadurch sehr aufwendig. Man kann sagen: Bei gutem Wetter sind es ungefähr 60 bis 70 Arbeitstage.

 

Welche Lacke setzen Sie ein, damit die unglaubliche Intensität der Farben für viele Jahre nachhaltig gegeben ist ? 

 

Claus Lumma: Ich verwende ausschließlich die acrylaten Farben in den Sprühdosen der Marke »MOLOTOW™«, die von der »Feuerstein GmbH« in Lahr produziert werden. Das ist der einzige Hersteller, der Garantie auf nachhaltige Farbechtheit gibt. Die gesamte Fläche wird später mit einem speziellen Graffitiwachs konserviert, der UV-Schutz bietet. Wenn ich das nicht machen würde, könnten bestimmte Farben wie Rot ausbleichen, weil sie der Sonne ausgesetzt sind.

 


Es braucht eine gewisse Detailverliebheit.

 

 

Könnte es sein, dass das Bild irgendwann dennoch verblasst ?

 

Claus Lumma: Nein, das Verblassen wird durch die Schutzschicht verhindert. Wenn es nach vier oder fünf Jahren an der Zeit ist, sollte die semi-permanente Schutzschicht wieder aufgetragen werden. Dadurch, dass sie semi-permanent ist, kann man sie gut abwaschen und erneuern. Wenn man alles richtig macht, es also eine vernünftige Untergrundbehandlung gab und man bei der richtigen Witterung gearbeitet hat, ist jedes Bild sehr langlebig. 

 

Wann haben Sie Ihre Profession für gesprayte Wand- und Fassadengestaltungen entdeckt ?

 

Claus Lumma: Ich komme aus der Graffiti-Szene und hatte schon früh den Anspruch, etwas komplexere Bilder zu malen. Mein erstes Bild für Geld habe ich 1996 gemalt. Das fand man damals in der Szene nicht so toll. Heute sind Auftragsarbeiten selbstverständlich.

 

Wer inspiriert Sie für Ihre im wahrsten Sinne des Wortes »großartige« Wandkunst ?

 

Ich versuche mir überall Inspirationen zu holen. Man geht mit offenen Augen durch die Welt und lässt sich von anderen »Urban Artists« anregen – und es braucht eine gewisse Detailverliebheit, um Situationen erzählerisch interessant darzustellen.  Das funktioniert visuell nämlich nur, wenn der Herr auf dem Dach einen schicken Schnurrbart trägt oder das Schwein auf dem Grill sich dreht (lacht).

 

Welche Reaktionen gab es bisher auf das Bild ?

 

Claus Lumma: Man bekommt ausschließlich Freundliches zu hören: »Das sieht ja toll aus !« oder: »Wären nur alle Graffitis so schön !« – aber alles nur »schön« kann es in einer bunten und  ganz unterschiedlich aufgestellten Graffitiszene natürlich nicht geben – und die Entwicklungen und Trends gehen ja immer weiter.

 

Die letzte Frage an den Projektleiter: Gibt es noch weitere Wandbilder der ESPABAU in Findorff und Bremen – und wenn ja, wo sind die zu sehen oder online für eine »Wandbildtour« durch den Stadtteil zu recherchieren ?

 

Günther Warners: Es gibt weitere Bilder. In Findorff haben wir uns anfangs auf einige Problemecken im Stadtteil konzentriert, in denen es unschöne Schmierereien gab, wie beispielsweise in der Findorffstraße. In den Unterführungen der Thielenstraße und der Grünbergstraße haben wir gemeinsam die ersten Bilder realisiert. Wir haben festgestellt, dass es danach an diesen Orten keine Schmierereien mehr gab. Ein weiteres Motiv ist das Efeu- Bild an der Ecke Hemmstraße/Utbremer Ring und die sehr aufwendig gestalteten Giebelmotive in der Anne-Frank- Straße/Hemmstraße. Hier zeigen wir auf der einen Seite ein Wimmelbild vom Findorffmarkt und auf der anderen Seite den Blick ins Haus mit verstecktem ESPABAU-Sparschweinchen. Aber auch in anderen Stadtteilen wie Sebaldsbrück gibt es unsere Wandbilder – und es kommen sicher noch einige dazu.

 

Interview: Mathias Rätsch, Foto: Kerstin RolfesInterview erschienen in Ausgabe Nr. 11, 2019

 

Vorstand der ESPABAU Claus Lumma Findorff Findorffer Geschäftsleute Magazin Stadtteil Bremen Einzelhandel Gastro Restaurants essen gehen
Von links nach rechts: Manfred Eisinger, Initiator und Mitglied im Vorstand der ESPABAU, Claus Lumma, Künstler, Günther Warners, Projektleiter, © Kerstin Rolfes