Anthony Patrick Hadley wurde 1960 in Islington geboren. Von 1979 bis 1990 und von 2009 bis 2017 war er Leadsänger der New-Romantic-Band Spandau Ballet, die sich 1976 in London gründete. In der Post-Punk-Ära Anfang der Achtzigerjahre breitete sich eine neue Jugendbewegung als Kultur- und Musikwelle aus, deren AnhängerInnen sich selbst »New Romantics« nannten. Unter diesem Namen feierten Bands wie Duran Duran, Ultravox oder Visage weltweit große Erfolge. Auch Spandau Ballet gehört dazu: 25 Millionen Alben wurden weltweit verkauft. Tony Hadley führt das Erbe der Band bis heute erfolgreich fort – am 19. Oktober mit einem Konzert in Bremen im Metropol Theater. Mehr unter www.tonyhadley.com
Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Am 19. Oktober geben Sie gemeinsam mit den Bremer Philharmonikern in Bremen ein einzigartiges Konzert. Ist diese Zusammenarbeit für jemanden, der seit vier Jahrzehnten im Musikgeschäft erfolgreich ist, immer noch eine neue Herausforderung ?
So ein spezielles Konzert, das nur für einen einzigen Abend entwickelt wird, spielt man nicht oft. Von daher ist es Herausforderung und Besonderheit in einem.
Welche Rolle spielte dabei Jan Trautmann, der mit seiner Agentur »Bremen Events & Concerts« dieses Jahr zehnjähriges Jubiläum feiert ?
Jan hat mich schon 2019 nach unserem letzten Konzert angesprochen, ob wir so etwas machen wollen. Damals war es noch locker bei einem Glas Wein und dann kam erstmal Corona. Wir haben das Thema später wieder aufgenommen und nun passt es gerade – sogar in die Jubiläumsjahre.
Wie gestalten sich im Vorfeld die Proben ? Proben Sie mit den Bremer Philharmonikern vor Ort oder geht das heutzutage auch digital zeitgleich an zwei unterschiedlichen Orten ?
Das geht heute wunderbar auf Entfernung. Und alle sind Profis, die mit Notenmaterial etwas anfangen können. Wir tauschen digital vieles aus, haben Videomeetings. Einen Tag vor der Show und am Showtag proben wir dann natürlich zusammen vor Ort.
Sie sind bekannt geworden als Sänger der legendären Band »Spandau Ballet«, die in den Achtzigerjahren große Erfolge mit Welthits wie »True«, »Through the Barricades« und natürlich »Gold« hatte. Bekommen diese unvergessenen Songs mit einem Orchester eine völlig neue Interpretation ?
Die Songs bekommen viel mehr Klangteppich, als es eine Band alleine leisten kann. Wenn man sie mit der Band und einem Orchester spielt, bleibt die Band natürlich recht präsent und es wird nicht völlig klassisch. Aber plötzlich dazu Streicher und mehr zu hören, ist schon etwas Besonderes.
Zuletzt konnte man Sie bestens gelaunt in Bremen auf einem komplett ausverkauften Konzert im Schlachthof erleben, das ich als grandios in Erinnerung habe. Woher bringt man für jeden Abend die Energie auf, das musikalische Erbe von »Spandau Ballet« derartig souverän zu präsentieren ?
Also erstmal glaube ich, dass ich an sich ein meist gut gelaunter Mensch bin. Und natürlich bin ich dankbar dafür, diese Zeit in der Band erlebt zu haben und die Songs heute noch interpretieren zu können. Das mit der Energie ist bei mir sicher auch immer mal unterschiedlich. Nur sollte das Publikum es nicht bemerken, sondern immer möglichst viel Spaß haben.
Sie haben in Ihrer langen Karriere auch mehrere Soloalben veröffentlicht. Zuletzt erschien das Album »Talking to the Moon«. Wie wichtig ist es als Künstler, neue Songs zu präsentieren und Herausforderungen zu suchen ?
Ein neues Album hat immer etwas von Magie. Es ist aber auch weit aufwendiger als sich an den guten vorhandenen Songs zu orientieren. Die Mischung macht es. In Bremen werde ich einige Lieblingssongs von KollegInnen einstreuen. Auch das macht mir viel Freude.
Wie schafft man den Spagat, den Erwartungen der Fans von früher zu entsprechen, die vorrangig die Hits aus »goldenen Zeiten« hören wollen, ohne sich künstlerisch auf der Stelle zu bewegen ? Oder anders gefragt: Wird es Ihnen manchmal langweilig, jeden Abend die Klassiker von früher zu singen ?
Es ist doch toll, wenn man Songs in seinem Repertoire hat, die dann alle hören wollen, auf die sie förmlich warten. Auch hier ist es die Mischung, die es für einen selbst abwechslungsreich belässt. Und hier sei auch wieder Bremen genannt: Die Setlist wird durch die Umstände anders als zuletzt.
2009 gab es ein Comeback von »Spandau Ballet« mit einem letzten Album der Band, das den bezeichnenden Titel »Once more« trug. Die erneute Zusammenarbeit ging 2017 zu Ende. Woran lag es ?
Alles hat seine Zeit. Wir haben uns entwickelt und das dann nochmals dokumentiert. Aber wir waren nicht mehr die Band früherer Jahre – und dann muss man seine Wege getrennt gehen.
Ehrlich gesagt habe ich »Spandau Ballet« auf dem Konzert im Schlachthof gar nicht vermisst, zumal die charismatische Stimme des Sängers unverwechselbar mit den Songs verbunden ist – und die heutige Band ganz ausgezeichnet gespielt hat. Man hatte den Eindruck, Sie sind sehr kommunikativ, humorvoll und lieben es, mit dem Publikum eins zu sein. Ist das so ?
Man kann wohl nicht bestreiten, dass die Klangfarbe der Stimme mehr Wiedererkennungswert hat als ein – wenn auch speziell gespieltes – Instrument. Da habe ich Glück gehabt, der Sänger gewesen zu sein. Und als Sänger ist man ja meist enger mit dem Publikum verbunden.
Braucht es nach den Tourneen für Sie auch Orte des Rückzugs ? Wie leben Sie privat ? Was ist Ihnen wichtig ?
Wir haben das Glück, dass wir gerne zusammen sind und uns auch nicht so schnell auf die Nerven gehen. Aber natürlich hat man auch gerne mal wieder seine Ruhe. Dann lebe ich im Alltag wie jeder andere auch. Mit Familie und Freunden. Und inklusive Müll rausbringen.
Welche Musik haben Sie in Ihrer Jugend selbst gern gehört – und welche MusikerInnen in der langen Erfolgsgeschichte der britischen Popmusik haben Sie als Sänger beeinflusst ?
Ich habe viel Spandau Ballet gehört. (lacht). Ich mochte George Michael sehr mit seinen Interpretationen – und früher natürlich Queen. Von den Eagles spiele ich selbst gerne Songs, auch wenn sie nicht britisch sind. Insgesamt ist mein Geschmack aber breit gefächert. Auch ich bin da so ein Kind der Musik der Achtziger.
Wie wir den unendlichen Weiten des Internets entnehmen konnten, haben Sie zweimal geheiratet und sind Vater von fünf Kindern. Ihre beiden Kinder aus der zweiten Ehe sind im Teenageralter. Was hören Ihre Kids an Musik – und wie finden sie die Songs, die ihr Daddy singt ?
Alle können durchaus etwas mit den alten Songs anfangen. Alle hören doch immer noch oder wieder die Musik der Achtziger. Was die Moderne angeht, so sind die Songs, die die jungen Leute hören, sehr schnelllebig geworden. Da komme ich dann kaum mit, was gerade wieder angesagt ist.
Zurück in die Zukunft: Im Metropol-Theater werden Sie auch Frank Sinatras »My Way« neu interpretieren, mit Sicherheit nicht in einer zynischen Version wie zu Punkzeiten von Sid Visious, sondern mit Leidenschaft und Emotion, wie es Ihre Fans erwarten. Im Rückblick auf eine über 40-jährige Karriere: Welche Bedeutung hat der Text von »My Way« für Sie ?
Neu interpretieren würde ich gar nicht sagen, denn der Song steht sehr für sich durch das Original. Aber da hat Frank Sinatra eigentlich für viele aus dem Herzen gesungen, wenn man auf sein Leben blickt. Ich spiele ihn bei einer Show eher nicht, aber er passt zu mir – und in Bremen passt er mit Orchester noch besser. Tatsächlich wollte den Song auch Konzertveranstalter Jan Trautmann unbedingt dabei haben. Also spielen wir ihn gerne.
Interview: Mathias Rätsch, Foto: Pressefoto, Interview erschienen in Ausgabe Nr. 27, 2023