Wolfgang Kiesche ist gelernter Gärtner und studierter Gartenbauingeneur. Nach seiner Pensionierung 2016 hat er den Schulgarten der Oberschule Findorff mit aufgebaut, den er in diesem Jahr jüngeren KollegInnen übergeben hat. Seinem Engagement ist die Erschließung und Gestaltung der Schulparzelle in der Passauer Straße zu verdanken. Außerdem hat er mit zahlreichen pädagogischen Gartenprojekten wesentlich zur klimafreundlichen Begrünung der Schulhöfe beigetragen sowie die »Digitale Gartenwerkstatt« konzipiert. Mehr Informationen online auf www.garten.oberschule-findorff.de
Herr Kiesche, Sie haben sich federführend und ehrenamtlich in den vergangenen sechs Jahren um den Schulgarten an der Oberschule Findorff gekümmert, obwohl Sie nie Lehrer gewesen sind. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und was haben Sie vorher beruflich gemacht ?
Ich habe fast 30 Jahre im sozialen Gartenbau als Abteilungsleiter gearbeitet. Zuerst war das in einem sozial-psychiatrischen Pflegeheim und dann in einer Gärtnerei für seelisch beeinträchtigte Menschen. 2016 bin ich frühzeitig in den Ruhestand gegangen. Über meine Frau, die Lehrerin an der Oberschule Findorff war, wusste ich, dass es eine Parzelle gab, die wir vom BUND nutzen durften. Der Schulleiter fragte mich irgendwann, ob ich nicht Lust hätte, mich ehrenamtlich auch auf den Schulhöfen zu engagieren. Ich sagte zu. Bei der Arbeit mit den SchülerInnen habe ich gemerkt, wie viel Spaß es macht, mein Wissen an die Kinder weiterzugeben. Dadurch konnte ich eine neue Perspektive finden, bis meine Frau auch in den Ruhestand ging.
Wo in Findorff befindet sich der Schulgarten ?
Die Oberschule Findorff hat zwei Standorte. Der kleinere Standort ist in der Nürnberger Straße. Dorthin gehen die fünften und sechsten Klassen. Es gibt hier die Gartenwerkstatt – ein wunderbarer Arbeitsraum für alles, was mit gärtnern zu tun hat. Außerdem haben wir auf dem Schulhof acht Hochbeete, die von verschiedenen Klassen gepflegt werden. In der Regensburger Straße sind die siebten bis 13. Klassen untergebracht. Das sind etwa 1.000 Schülerinnen und Schüler.
Was wird dort bewirtschaftet ?
Dort werden sieben Hochbeete bewirtschaftet. Außerdem gibt es noch ein Kräuter- und ein Blumenbeet, das eine sonderpädagogische Kollegin mit den InklusionsschülerInnen pflegt. Es gibt ein Gemüsebeet, um das sich dieses Jahr ein Kollege mit ukrainischen Kindern seines Vorkurses gekümmert hat. Sie haben dort Kartoffeln und insektenfreundliche Blumen angepflanzt.
Wir haben gehört, die Oberschule Findorff ist auch in einem Kleingartengebiet aktiv ?
So ist es. Der dritte Teil des Schulgartens ist unsere Schulparzelle in der Passauer Straße. Dort gibt es ein selbstgebautes Weidentipi, einen Kräutersteingarten, eine Feuerstelle und mehrere Gemüse- und Blumenbeete. Einige KollegInnen gehen regelmäßig mit ihren Klassen hin und kümmern sich um alles. Es waren zum Beispiel viele Kinder daran beteiligt, mehrere sogenannte Totholzhecken zu errichten, die als Rückzugsorte und Brutgelegenheiten für Kleintiere sehr wichtig sind.
Wie läuft die Bewirtschaftung des Schulgartens ganz konkret ab ? Was machen Sie, die KollegInnen und die SchülerInnen ?
In den letzten Jahren habe ich montags in der Gartenwerkstatt die beiden Ganztagskurse mit den jüngeren Schülerinnen und Schülern geleitet und in verschiedenen Klassen den Projekt-
unterricht angeboten. Im Frühjahr haben wir beispielsweise aus Samen Keimlinge vorgezogen, die von uns regelmäßig umgetopft werden mussten, um sich optimal zu entwickeln. Im Frühsommer haben wir vorgezogene Pflanzen wie Tomaten ausgepflanzt. Wir haben uns um sie gekümmert, indem wir regelmäßig Unkraut gejätet und sie gegossen haben. Zur Weihnachtszeit haben wir Gestecke hergestellt. Seit 2018 gibt es im Februar und März ein großes Projekt zur Herstellung von Saatkugeln. Die bestehen aus einer Mischung aus Blumenerde und tonhaltigem Lehm, in die bienenfreundliches Saatgut eingearbeitet ist. In den letzten vier Jahren haben wir ca. 6.000 Stück produziert.
Was passiert mit den Samenkugeln ?
Die Kugeln werden zum Teil mithilfe der Findorffer Geschäftsleute gegen eine Spende verkauft. Außerdem werden sie unter den SchülerInnen verschenkt.
Im Sommer eines jeden Jahres wird bundesweit der Tag des Schulgartens gefeiert. 60 Schulen präsentierten zahlreiche Gartenprojekte. Ist die Oberschule Findorff dabei ?
Selbstverständlich – und es war ein wunderschönes Fest. Tage vorher haben wir mit Unterstützung unserer Hausmeister alles vorbereitet und die verschiedenen Aktionen geplant. Vormittags gab es auf der Parzelle für die Klassen ein buntes Programm mit vielen Spielen. Es gab Kräuterlimonade und Kräuterquark – natürlich selbst gemacht. Es gab Pellkartoffeln und Kuchen. Bei der Gelegenheit wurde auch das neue Schild für die Parzelle eingeweiht. Nachmittags ging es anschließend am Standort an der Regensburger Straße mit dem großen Pflanzenmarkt weiter. Bei Kaffee und Kuchen konnten Eltern und Freunde sich an vielen Ständen über unsere Gartenaktivitäten informieren.
Sie sind im Juli in den wohlverdienten Ruhestand gegangen. Wie geht es mit dem Schulgarten weiter ?
2022 ist es mir gelungen, über die bekannte Umweltlotterie »BINGO !« Fördermittel für den Weg zu einer grünen Schule einzuwerben. Mein vorrangiges Ziel war es, die Schulgartenarbeit langfristig abzusichern. Einen Teil des Geldes haben wir für die Programmierung der »Digitalen Gartenwerkstatt« ausgegeben. Dort sind für jeden Monat ganz verschiedene Gartenprojekte mit entsprechenden Ablaufplänen hinterlegt. LehrerInnen aller Fächer, die mit ihrer Klasse mal etwas mit Natur und Garten machen wollen, können hier sehr einfach Anleitungen finden. Einige KollegInnen haben sich bereit erklärt, gemeinsam den Schulgarten weiterleben zu lassen. Das freut mich sehr für die SchülerInnen, denn Teamarbeit, Anerkennung und ein wertschätzender Bezug zur Natur sind wichtig für das Selbstwertgefühl der Kinder – und das alles bietet die Gartenarbeit.
Interview: Marlene Kurz, Dr. Peter Holz, erschienen in Ausgabe 27 in 2023, Foto: Mathias Rätsch