Die Vita und das künstlerische Wirken von Volker Lechtenbrink sind so vielseitig und umfassend – und mit wenigen Zeilen nicht zu beschreiben. Wer mag, schaut online auf »Wikipedia« und googelt nach »youtube«-Videos. Wer den Schauspieler live erleben wollte, besuchte das »Ernst Deutsch Theater« in Hamburg. Mehr unter www.ernst-deutsch-theater.de
Volker Lechtenbrink, Sie können auf eine lange Karriere zurückblicken. Fast jedeR in Deutschland kennt Ihren Namen. Bekannt geworden sind Sie erstmals, als Sie als 14-Jähriger im Antikriegsfilm »Die Brücke« mitspielten. Wie kam es, dass Sie so früh zur Schauspielerei kamen ?
Ich bin ja eigentlich noch früher zur Schauspielerei gekommen. Wenn ich so darüber nachdenke, bin ich mein ganzes Leben lang Schauspieler. Ich habe ja schon im Alter von sieben Jahren an den NWDR, den damaligen Nordwestdeutschen Rundfunk geschrieben, wie die Rundfunkanstalt für Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein bis 1955 hieß. Ich habe geschrieben: »Ich höre Euren Kinderfunk – und kann ich da nicht mitmachen ?«. Die haben mir auch geantwortet: »Ja, komm‘ doch mal vorbei und lies uns etwas vor.« Das habe ich dann auch gemacht, stolperte damals aber immer noch in der Aussprache »über den spitzen Stein«. Da hat man mir gesagt: »Du, Volker, das geht bei uns aber nicht.« Danach habe ich ziemlich geübt, das »Sp« und »St« nicht mehr so sehr zu betonen – und dadurch hat man mich genommen. Von da an habe ich Kinderfunk gemacht und mit zehn Jahren erstmals Theater gespielt – so war ich beispielsweise der »Sohn« des bekannten Schauspielers Hanns Lothar. Gespielt habe ich im Thalia-Theater und im Hamburger Schauspielhaus im Stück »Lapalu« unter den Augen von Gustav Gründgens. Das werde ich nie vergessen – und auch meine Eltern waren hin und weg. So ging es weiter und bald kam ja auch schon die Rolle in dem Kinofilm »Die Brücke«. Damit war es endgültig so weit und ich habe gesagt: »Jetzt will ich von der Schule weg und ein richtiger Schauspieler werden.« Das bin ich ja auch geworden.
Wie war es für Sie, sich in diesem jungen Alter mit so einer ernsten Thematik auseinanderzusetzen ?
Ich ging nach dem Wegzug meiner Familie aus Bremen nach Hamburg auf das »Johanneum«, ein humanistisches Gymnasium in Winterhude. Wir hatten uns mit der Kriegszeit und den Nazis schon im Unterricht beschäftigt. Ich hatte darüber aber zugleich auch mit meinem Vater gesprochen. Er war als Flieger im Krieg abgeschossen worden und danach sozusagen untauglich gewesen. Mit ihm, der nachweislich kein Nazi war, sondern ein echter Freidenker, konnte ich als Jugendlicher über alles reden. Er war unglaublich offen zu mir – was damals für mich als Junge im Alter von 13 Jahren ein großes Glück war. Aber als wir dann die ersten Film- und Fotoaufnahmen der Alliierten über den Holocaust in den Konzentrationslagern gesehen haben, war ich zutiefst erschüttert. Ich habe gedacht: »Das hat es gegeben ? Das haben Menschen anderen Menschen angetan ?« Diese Geschehnisse waren schwer zu verdauen. Als Regisseur Bernhard Wicki 1959 mit »Die Brücke« seinen ersten Spielfilm drehte, war ich also vorbereitet. Er hat sich zudem sehr intensiv mit allen jungen Darstellern auseinandergesetzt. Wenn jemand von uns am nächsten Tag einen Dreh hatte, ist er mit ihm am Abend zuvor Essen gegangen und hat ihn für seine Rolle »gebrieft«, wie man heute sagt. Dadurch wurde jeder von uns durch die Gespräche mit ihm sehr gut vorbereitet. Insofern konnte ich meine Rolle als Kindersoldat »Klaus Hager« und die damit verbundenen Schrecken des Nationalsozialismus und der Kriegszeit ganz gut schauspielerisch umsetzen.
Ging es nach »Die Brücke« mit der Schauspielerei sofort weiter ? Durften Sie gleich auf eine Schauspielschule ?
Nein, gar nicht. Ich musste erstmal einen ganz schweren Kampf kämpfen. Meine Mutter wollte unbedingt, dass ich Arzt werde. Sie arbeitete damals als Chefsekretärin in einer großen Privatklinik, war beruflich viel mit Ärzten zusammen und bewunderte diesen Beruf. Dass ihr Sohn eines Tages auch Arzt werden sollte, war ihr großer Traum. Mein Vater hingegen hat meinen Drang zum Theater eher verstanden. Er war ab und zu Statist an der Oper in Bremen und hatte dadurch eine Affinität zu dem Beruf des Schauspielers. Ich musste also richtig gegen den Willen meiner Mutter ankämpfen. Der Professor, der die Schule leitete, hat dann mit mir geredet und gesagt: »Volker, man merkt, Du hast keine Lust mehr zur Schule zu gehen.« Er hat aufgrund des Gesprächs mit mir meinen Eltern einen Brief geschrieben mit dem Tenor: »Lassen Sie den Jungen von der Schule gehen. Er ist nicht zu halten.« Dadurch, dass die Empfehlung von einem Professor kam, haben die Eltern meinen Wunsch am Ende akzeptiert und mich meines Weges gehen lassen.
Sie waren durch »Die Brücke« in den Fünfzigern ein sogenannter »Kinderstar«. Hatten Sie trotzdem eine normale Kindheit ?
Ja, meine Kindheit war total normal. Wir hatten ein sehr offenes Haus. Alle meine Freunde konnten jederzeit vorbei kommen. Es wurde auch über alles frei und ehrlich geredet.
Haben die Freunde nicht gesagt: »Jetzt ist Volker ein Filmstar« ?
Ja, natürlich. Die kurze Zeit, die ich noch auf der Schule war, bin ich schon ein wenig der Exot gewesen, der einen großen Film gedreht hat – zumal »Die Brücke« als Kinofilm auch für den »Oscar« nominiert war und in Hollywood den »Golden Globe Award« gewann. In der Nachkriegszeit war das alles ja nichts Alltägliches, sondern etwas ganz Besonderes – und für uns als junge Darsteller eine Art »Sesam öffne Dich« für die Schauspielerei, wie man es besser gar nicht hätte haben können.
Sie sind in Hamburg aufgewachsen, haben Ihre Kindheit aber in Findorff verbracht. Was ist Ihnen in Erinnerung geblieben ?
Meine Familie kommt ursprünglich aus Bremen und umzu. Geboren bin ich eher zufällig 1944 nahe Königsberg in Cranz in Ostpreußen. Dort waren meine Eltern kurz und ich nur die ersten zehn Tage meines Lebens – und schon ging es nach Bremen. Wir wohnten dort in der Tölzer Straße. Bis ich in die erste Schulklasse kam, lebten wir in Bremen. Dann wurde mein Vater versetzt und wir sind nach Hamburg gezogen. Auch meine Großeltern wohnten in Findorff, kamen aber vom Land; insofern war ich als Kind auch viel ländlich unterwegs in der Nähe von Worpswede. Meine Familie und ich zogen für kurze Zeit noch auf die andere Seite des Bürgerparks in das »vornehme« Schwachhausen. Wir hatten eine Wohnung in der Wachmannstraße, bevor es endgültig nach Hamburg ging.
Welche prägenden Kindheitserinnerungen fallen Ihnen in Verbindung mit Findorff sofort wieder ein ?
Vor allem fällt mir mein Opa ein, der ein ganz besonderer Opa war. Er war so einer, der wirklich alles konnte, in jeder Situation immer sehr ruhig und gelassen blieb und als Spielkamerad viel Zeit für mich hatte. Opa war von Beruf Finanzbeamter. Er hat für mich zum Beispiel Drachen oder Flöten aus Weidenholz gebaut – und mir eine einfach bis heute unvergessliche und sehr spielerische Kindheit bereitet. Meine Oma hat herrlich gekocht und immer Kartoffelpuffer gemacht – einer gleich für mich und einer ging auf den Teller. So schnell, wie die bei mir weggingen, konnte sie gar nicht nachkommen. Als wir dann in Hamburg wohnten, habe ich meine Großeltern weiterhin in Bremen besucht und meine Schulferien weiter in Findorff verbracht. Mit den Kumpels habe ich immer Fußball gespielt. Wir waren nicht sehr wohlhabend und für Urlaubsreisen hatte man damals ja auch noch gar kein Geld.
Ist und bleibt Findorff der Ort Ihrer Kindheit oder sollte man Vergangenheit Vergangenheit sein lassen ?
Nein, ich erinnere mich bis heute sehr gern; zum Beispiel an unseren Bäcker an der Ecke der Tölzer Straße. Ich hatte in Findorff eine wunderbare Kindheit. Viele Jahre später stand ich in Bremen nochmals vor dem Haus meiner Großeltern. Ich habe alles wiedererkannt und geklingelt. Die neuen Bewohner haben mich sehr freundlich begrüßt mit den Worten: »Sind Sie nicht... ?« und ich habe gesagt: »Ja, bin ich.« Ich wurde gleich hereingelassen und mir war alles sofort wieder vertraut. In der Straße und sogar im Haus hatte sich gar nicht so viel verändert. Ich wußte noch genau: »Dort geht es hoch in das Schlafzimmer und da hinten führt die Treppe in den Keller.« Es gab immer noch einen kleinen Vorgarten und hinten den schönen Garten.
Nach Ihrem Schulabschluss entschieden Sie sich dafür, die Schauspielschule in Hamburg zu besuchen. Sie spielten nicht nur in Filmen und Serien mit, sondern traten auch viel im Theater auf. Gefällt Ihnen das eine mehr als das andere ?
Mir gefällt die Abwechslung sehr gut. Ich bin unglaublich neugierig auf Neues. Wenn ich etwas zu lang gemacht habe, finde ich es irgendwann einschläfernd. Ich denke dann: »Was könnte ich denn jetzt machen ?« Gott sei Dank hatte ich in meinem Beruf viele Optionen – und dann habe ich gesagt: »Jetzt mache ich mal das; dann mache ich das oder etwas ganz anderes.« Diese Wechselbäder fand und finde ich nach wie vor am schönsten. Wenn ich lange gedreht hatte, bekam ich eine große Sehnsucht nach dem Theater. Wenn ich zu lange Theater gespielt hatte, wollte ich wieder einen Film drehen.
In den Siebzigerjahren wandten Sie sich auch der Musik zu und sind sogar mehrmals in der damals sehr angesagten »ZDF-Hitparade« aufgetreten. Sie hatten echte Hits wie »Der Spieler«, »Leben so wie ich es mag« oder »Ich mag«. Über die unvergessene »ZDF-Hitparade« ranken sich einige Legenden. Wie was es damals wirklich bei Dieter Thomas Heck ?
Das war eine sehr witzige Zeit. Wir freuten uns immer, wenn man sich wieder sah. Wir haben jedes Mal erst unten im Keller im »Schweizer Hof« einen Begrüßungstrunk genommen. Es war immer sehr lustig. Wir kamen aus allen Ecken der Welt und die Hitparade war für uns irgendwie wie eine Klassentreffen. Es gab einige, die mochten sich mehr und andere, die mochten sich weniger – wie das im Leben eben so ist. Die Plattenfirmen wollten von uns auch immer, dass wir nach Berlin in die Sendung gingen. Es war damals so: Wenn Du in der »ZDF-Hitparade« aufgetreten bist, hast Du in den nächsten zwei, drei Tagen garantiert 20.000 Singles verkauft. Die Zeit hat Spaß gemacht.
Man konnte im Fernsehen damals ja auch nur drei Programme empfangen. Neben der »ZDF-Hitparade« war noch »Disco« mit Ilja Richter als Moderator sehr angesagt; rückblickend eine unglaubliche Sendung, in der auf eine Glamrock-Band wie »Sweet« ein Schlager-Duo wie Cindy & Bert folgte...
Ja, in »Disco« bin ich auch aufgetreten. Nach diesem Prinzip der musikalischen Kontraste gab es im SWR auch die Sendungen »Pop ‘79« und »Lieder & Leute«, die ich moderiert habe. In diesen Sendungen traten ebenfalls bunt gemischt Rockbands, aber auch Schlagersänger wie Bernd Clüver oder Politbarden wie Wolf Biermann auf. Alle haben damals übrigens nicht Playback, sondern live gesungen. »Lieder & Leute« war die letzte Sendung im Fernsehen, in der tatsächlich noch live gesungen wurde.
Zum 70. Geburtstag haben Sie mit dem Zwei-Personen-Stück »Leben, so wie ich es mag«, das Ihre älteste Tochter Saskia Ehlers für Sie geschrieben hat, Ihre bekanntesten Lieder nach 30 Jahren gesanglicher Abstinenz wieder auf die Bühne gebracht. Wie kam es dazu ?
Die Idee des Stückes war: »Wie wäre es gewesen, wenn mein Leben ganz anders verlaufen wäre ?«, also wenn ich vom Leben nicht immer irgendwie aufgefangen worden wäre. Dafür haben wir in dem Stück die Songs mit einzelnen Szenen zu meinen verschiedenen Lebensphasen dramaturgisch verknüpft. Ich merkte sofort, dass die Lieder von damals immer noch sehr gut im Publikum ankommen. Dadurch entstand die Idee, mit einer großen Zehn-Mann-Band und zwei Backgroundsängerinnen im »St. Pauli Theater« aufzutreten. Diese Auftritte waren unglaublich schön – und genau das war es, was ich unbedingt noch machen wollte. Ich wollte sehen, ob die Lieder von früher auch heute in einem Live-Konzert noch funktionieren. Es hat geklappt.
Sie sind Schauspieler, Regisseur, Intendant, Texter und Sänger – und haben als Synchronsprecher berühmten Schauspielern wie Burt Reynolds, Kris Kristofferson, Dennis Quaid und John Cleese Ihre Stimme geliehen. Welches sind momentan Ihre künstlerischen Schwerpunkte ?
Eigentlich ist es wie immer. Ich mache weiterhin verschiedene Dinge. Besonders überrascht hat mich zuletzt ein Anruf von Christian Ulmen, der gefragt hat, ob ich in der Serie »Jerks« mitspielen will. Ich habe gesagt: »Jerks ? Was ist das denn ?«, sagte gleich zu und habe meine Rolle als unglaublich erfrischend und aufregend empfunden. Es gab keinen festen Text, sondern nur ungefähre Vorgaben für die einzelnen Szenen. Man sollte und durfte improvisieren. Das fand ich toll. Zu der Rolle in dieser Serie habe ich eine derartige Rückmeldung bekommen von einer völlig anderen, jungen Generation. Das war eine neue, spannende Erfahrung – gerade wenn man denkt: »Du hast doch schon alles erfahren und gemacht.« Ich hatte großen Spaß.
Manchmal kehren Sie beruflich in die Stadt Ihrer Kindheit zurück; wie beispielsweise in die Radio Bremen Talk-Show »3 nach 9«. Was ist aus Ihrer Sicht der wesentliche Unterschied zwischen Hamburg und Bremen ?
Beides sind norddeutsche Städte, beide haben einen Hafen, beide sind sehr hanseatisch geprägt und natürlich Großstädte – aber Hamburg ist einfach sehr viel größer. Ich finde auch nicht, dass man alles immer vergleichen muss. Wir sollten uns freuen, dass wir im Norden zwei so schöne, unterschiedliche Städte haben. Wenn ich in Bremen zum Beispiel bei »3 nach 9« eingeladen bin, übernachte ich immer im Parkhotel, während andere KollegInnen sofort nach der Sendung abreisen. Wenn ich dort auf dem Balkon stehe, liegt vor mir links Schwachhausen und rechts Findorff. Das ist für mich jedes Mal wieder ein Stück Heimat, die ich noch einen Tag genießen möchte. Mir kommen auch immer Erinnerungen an früher, wie an ein Kindheitserlebnis auf dem Bremer Freimarkt. Dort war ich mit meinem Vater. Er hatte an der Schießbude als Gewinn fast ein kleines Messer für mich geschossen, aber irgendwann ging ihm für den letzten Schuss das Geld aus. Er sagte zu dem Besitzer der Bude: »Sie passen schön auf, dass inzwischen keiner auf das Messer schießt.« Ich blieb da und er ging kurz nach Hause, um Geld zu holen. Er hat das Messer auch für mich geschossen. Solche Erlebnisse mit meinem wirklich tollen Vater vergisst man nicht.
Zuletzt haben Sie zusammen mit ihrer Tochter Saskia Ehlers Regie in »Was ihr wollt« am »Ernst Deutsch Theater« in Hamburg geführt und Sie selbst standen als Narr auf der Bühne. Sind Sie nach vielen Jahren vor Premieren eigentlich immer noch aufgeregt und haben Sie Lampenfieber ?
Die berühmte Frage: Ja, ohne Lampenfieber geht es nicht. Das braucht man ! Ohne die Aufregung würde dieser Beruf ja nicht der Beruf sein. Das ist es ja, was Theaterspielen ausmacht: Wie kommt die Inszenierung an ? Klappt alles ? Bin ich gut ? Kann ich meinen Text ? Ja, den kann ich. Meistens. Vorher hat man das Gefühl, ich kann überhaupt nichts mehr. Aber wenn Du auf der Bühne stehst und spielst, fällt sofort alles von Dir ab.
Sie haben keinen Internetauftritt und sind auch nicht mit »facebook« präsent. Warum nicht ?
Ich habe so viel Aufmerksamkeit in meinem Leben. Noch mehr Aufmerksamkeit wäre mir fast zu viel. Wenn ich für mich allein zur Ruhe komme, bin ich froh, privat nicht auch noch damit beschäftigt zu sein, mich über das Internet selbst darzustellen.
Ist es manchmal anstrengend, seit mehr als 60 Jahren eine öffentliche Person zu sein ?
Du machst ja den Schauspielberuf erstmal, weil er in Dir ist – und Du machst ihn für das Publikum. Ansonsten könntest Du ja auch in den Keller gehen und dort spielen. Ich habe glücklicherweise ein unglaublich herzliches Publikum, das mir viel zurück gibt; vielleicht auch, weil ich immer ehrlich war. Wenn ich auf dem Winterhuder Marktplatz meinen Fisch einkaufen gehe, bekomme ich Reaktionen wie: »Volker, wie geht es denn so ?«, »Was machst Du gerade ?« oder: »Was spielst Du demnächst ?« oder als ich krank war: »Jetzt siehst Du aber wieder besser aus !«. Die Hamburger leben mit Dir mit – und das finde ich toll. Wenn Du das nicht haben möchtest, darfst Du eben nicht rausgehen oder wenn es Dir nicht so gut geht und Du musst aber rausgehen, dann sieht man eben zu, dass man sich etwas schützt.
Auf meinem Zettel steht nur noch: Danke für das Gespräch, toi, toi, toi und viel Erfolg für die nächste Premiere !
Gut abgelesen ! Ich sage jetzt nicht »Danke«, weil man auf »Toi, toi, toi« nicht mit »Danke« antworten darf; das bringt Unglück – ebenso wie mit einem Hut auf dem Kopf über die Bühne zu gehen oder dort zu essen oder zu pfeifen – es sei denn, es ist im Stück während der Proben oder Aufführungen Teil der Rolle.
Wie war es, wenn ein Anfänger diese Regeln nicht kannte ?
Dann bekam er eine sanfte Backpfeife; ganz wie ich einst als junger Schauspieler, weil ich auf der Bühne gegessen habe.
Und wie wäre das heute ?
Genauso ! Aber die heutigen SchauspielerInnen wissen meistens sehr gut, was sie auf der leeren Bühne keinesfalls tun dürfen.
Interview: Mathias Rätsch, Foto: Philipp von Ditfurth, Interview erschienen in Ausgabe Nr. 12, 2019