Mehr Öffentlichkeit für den Beirat Findorff


Sitzungen vor Ort können anstrengend sein.

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Bürgerbeteiligung goes online! Mit der Installation des Programms »Go to Meeting« auf dem Rechner kann man an den Videokonferenzen teilnehmen. Das Programm läßt sich über www.gotomeeting.com/de-de herunterladen. Der Online-Zugang zur Videokonferenz erfolgt als Login über einen Link. Warum Videokonferenzen für den Beirat Findorff ein gelungener Schritt nach vorn sind  – darüber hat sich Mathias Rätsch, Herausgeber von FINDORFF GLEICH NEBENAN, seine Gedanken gemacht.

 


Hand aufs Herz: Haben Sie schon einmal eine öffentliche Beiratssitzung in Findorff besucht ? Wenn ja: Wie lange ist das her ? Wenn nein: Wussten Sie nicht, dass alle Sitzungen des Beirats öffentlich sind – und wann die Sitzungen stattfinden ? Zweimal Nein ? Verständlich: Sie sind nicht allein. Sie sind in guter Gesellschaft. Auch viele FindorfferInnen wissen nicht, wann, wo und wie die gewählten LokalpolitikerInnen sich für unseren Stadtteil engagieren. Wie auch ? Oder kennen Sie etwa die Unterseite der Internetpräsenz, auf der die Termine der Beiratssitzungen regelmäßig eingepflegt werden ? Kennen Sie nicht ? Besuchen Sie die Internetpräsenz des Ortsamtes West: Dort finden Sie unter »Findorff« die besagte Unterseite www.ortsamtwest.bremen.de/findorff/termine-2728. Nun ja, man kann auch nicht alles wissen – und der Seitentitel ist schon ein bisschen lang, um ihn sich zu merken. Was man aber weiß: Die meisten Beiratssitzungen in Findorff sind katastrophal schlecht besucht. Unser Stadtteil hat ca. 25.000 EinwohnerInnen – aber es kommen seit Jahren nur wenige BürgerInnen in ihr lokales »Stadtteilparlament Beirat«, das, mangels fehlender Räumlichkeiten in Findorff, manchmal auch im Nachbarstadtteil Walle stattfindet. Wenn jemand kommt, sind es oftmals die gleichen Gesichter. Manchmal kommt niemand. Gut besucht sind nur Beiratssitzungen mit echten »Aufregerthemen«. Der Hauptgrund für das in der Regel geringe Interesse: eine seit Jahren komplett fehlende Öffentlichkeitsarbeit. 

 

Es war Anfang der Siebzigerjahre, als Beiräte und Ortsämter flächendeckend für Bremen geschaffen wurden. Die Zeiten waren extrem politisiert – und so erhielt jeder Stadtteil seinen Beirat. Seit 1989 können die FindorfferInnen die Beiratsmitglieder für ihren Stadtteil direkt wählen – als ehrenamtlich engagierte BürgerInnen aus den verschiedenen demokratischen Parteien. Öffentliche Beiratssitzungen sind eigentlich Arbeitssitzungen.  Aber zu Beginn jeder Sitzung besteht mit dem Tagesordnungspunkt »Anfragen, Wünsche und Anregungen aus der Bevölkerung« die Möglichkeit für jede Bürgerin und jeden Bürger sich vor Ort einzubringen und auch im weiteren Verlauf zu verschiedenen Themen Stellung zu beziehen. Was man auch wissen sollte: Der Beirat Findorff hat, wie alle Beiräte in Bremen, zwar begrenzte Entscheidungsrechte, aber dafür eine umfassende Beratungszuständigkeit. Die Mitglieder beraten in verschiedenen Fachausschüssen über alle Angelegenheiten, die von öffentlichem Interesse sind. Der Beirat reagiert auch über das Ortsamt West auf von außen eingebrachte Themen und Rückmeldungen. 

 

Beantrage die Kohle im Dorff : Der Beirat entscheidet auch eigenverantwortlich über die Globalmittel. Globalmittel sind jene Gelder, die für stadtteilbezogene Maßnahmen eingesetzt werden und »Vereine, Verbände und Institutionen können aus diesen Mitteln Zuschüsse für Projekte beantragen. Die Anträge sind an den Beirat über das Ortsamt zu richten.« Fazit: Der Beirat in Findorff ist eine gute Einrichtung, um Demokratie hautnah zu (er)leben – wenn man nur mehr darüber wüsste, wann und wo die insgesamt fast dreißig Beiratssitzungen mit den verschiedenen Fachausschüssen pro Jahr stattfinden.

 

Welches waren in den letzten Jahren die Themen im Beirat Findorff ? Auch dafür gibt es eine Seite im Internet, auf der zeitversetzt drei Monate nach jeder Sitzung die endgültigen Protokolle abgelegt werden und von jedem, den es interessiert, heruntergeladen werden können. Das wussten Sie nicht ? Zappalott ! www.ortsamtwest.bremen.de/findorff/protokolle-2740 heißt die Domain, in der regelmäßig alle Protokolle der öffentlichen Beiratssitzungen in Findorff gesetzlich vorgeschrieben abgelegt werden. Im »Archiv« sind auf einer weiteren Seite und zurückgehend bis in das Jahr 2011 alle Protokolle als PDF-Dateien zum Downloaden öffentlich verfüg- und einsehbar. Vielleicht sind Sie jetzt neugierig geworden, welche Themen im Beirat Findorff bisher behandelt wurden – und möchten wie der Autor dieser Zeilen kurz und schnell über die Ende 2020 abgerissene Bootswerft am Torfkanal recherchieren, für die sich der Beirat Findorff 2016 noch wohlwollend eingesetzt hatte ? Das ist ziemlich schwierig: Alle PDF-Dateien haben wenig aussagekräftige Namen wie zum Beispiel das »Protokoll FA ›Bau‹ vom 12.04.2011 (pdf, 196.7 KB)«. Es gibt für die zahlreichen Dokumente irgendwie kein nachvollziehbares Verzeichnis der Themen. Ebenso wenig gibt es eine Suchfunktion. Bringen Sie also viel Zeit mit, um in Erfahrung zu bringen, was wann wo in den letzten zehn Jahren Themen waren. Eine offensive Kommunikation von Beiratsterminen im Stadtteil und eine nachvollziehbare, zugängliche Dokumentation von engagierter Beiratsarbeit im letzten Jahrzehnt sieht anders aus. Erste Chance vertan: Schade, eigentlich !

 

Nörgeln wir nicht weiter im Detail. Suchen wir den Fehler stattdessen bei uns. Wie interessiert sind wir tatsächlich an den lokalpolitischen Aktivitäten des Beirates Findorff ? Tatsache ist: Das Verhältnis zwischen unseren LokalpolitikerInnen und den FindorfferInnen ist offensichtlich keine Liebesbeziehung. Man beachtet einander nicht wirklich. Das hat mehrere Gründe: Sitzungen vor Ort können anstrengend sein. Man braucht Zeit, muss hingehen und zuhören. Die Luft in den Räumlichkeiten ist oft schlecht. Es wird ab und zu zu viel und zu kompliziert diskutiert. Lokalpolitik ist eine ernsthafte Sache und ziemlich spaßbefreit. Wer in den letzten Jahren ab und zu dabei war, weiß: Die Bearbeitung von Themen ist komplexer, als man denkt. Viele Lösungen brauchen Zeit. Oft sind im Konsens gefundene Lösungen als lokalpolitische Kompromisse nicht optimal, sondern bilden im Ergebnis den kleinsten gemeinsamen Nenner ab. Auf der anderen Seite: Vielen von uns ist vieles viel zu kompliziert geworden. Deshalb nutzen wir Kanäle, über die man mit wenig Aufwand und Tiefsinn Frust ablassen kann. Wilder Müll vor der Haustür ? Falsch geparkte Autos im Bürgerpark ? Recyclingstation schon wieder geschlossen ? Hundekot auf den Fußwegen ? Schlimm, schlimm, schlimm ! Warum macht da niemand etwas ? Wer auf Missstände aufmerksam machen möchte, schreibt heute kurz und bündig einen Kommentar auf »facebook«, um Aufmerksamkeit zu generieren. Daumen hoch ! Ein Post ist einfach, geht schnell und man hat sofort Resonanz von ebenfalls empörten »FreundInnen«. Das bestätigt und ist einfacher, als sich an die zuständigen AnsprechpartnerInnen, die gewählten Beiratsmitglieder oder an das Ortsamt West zu wenden. Aber was bringt »facebook«? Wenig bis gar nichts – und ein schnell abgesetzter Kommentar erzeugt und beweist leider kein nachhaltiges Interesse an den Themen, die im Stadtteil eine Rolle spielen. Wie textete einst Marius Müller-Westernhagen in einem anderen Zusammenhang ? »Da müsstest Du schon selber gehen...« In diesem Fall wenigstens manchmal auch zu den öffentlichen Beiratssitzungen in Findorff.

 


Videokonferenzen sind ein gelungener Schritt.

 

 

Der Refrain »This is not a Love Song !« in einem Song der Punker »PiL« bringt es auf den Punkt: Das Verhältnis zwischen den BürgerInnen und dem Beirat muss keine Liebesbeziehung sein. Mehr gegenseitiges Interesse aneinander wäre in dieser Beziehung allerdings hilfreich. Wenn aber auf einer unattraktiven Internetseite ziemlich wortkarg wenig bis nichts Inhaltliches zu den Themen der Beiratsitzungen redaktionell aufbereitet kommuniziert wird, was dort an engagierter Arbeit geleistet wird – wie soll sich Interesse oder zumindest als eine Annäherung auf sachlicher »Arbeitsebene« und mehr Bürgerbeteiligung entwickeln ? 

 

Tue Gutes und rede darüber: Was wiederum verstehen manche Beiratsmitglieder unter Öffentlichkeitsarbeit ? Sitzungsprotokolle, die nach Wochen auf einer so gut wie nicht bekannten Seite des Ortsamtes hochgeladen werden, können eine zeitgemäße Darstellung nach außen im digitalen Zeitalter der schnellen Kommunikation sicherlich nicht ersetzen. Erstaunlich: Einige Beiratsmitglieder sind tatsächlich der Meinung, dass die Berichterstattung in der lokalen Findorffer Tagespresse und zwei Stadtteilmagazinen ausreicht. Das ist leider eine völlig falsche Vorstellung. Warum ? Mit dieser Argumentation nach dem Motto »Ist doch alles gut !« macht man es sich einfach und bequem – und verwechselt als politisch denkende Menschen externe Presseberichterstattung mit einer eigenständigen Öffentlichkeitsarbeit: Die könnte die Arbeit der Fachausschüsse transparenter machen und erfolgreich kommunizieren. Politische Nachhilfe scheint geboten. In der Demokratie erfüllen unabhängige Medien als sogenannte »vierte Gewalt« andere Funktionen. Sie sollen die BürgerInnen informieren, durch Kritik und Diskussion zur Meinungsbildung beitragen und Partizipation ermöglichen. Die Presse hat im Rahmen der Gewaltenteilung in einer demokratischen Gesellschaft auf die öffentliche Meinung und auf politische Entscheidungen einzuwirken. Auch auf lokaler Ebene haben die Medien für Findorff nicht die Aufgabe, Stadtteilthemen im Sinne des Beirats zu kommunizieren. Ein Gedankenspiel: Wie wären wir eigentlich über die Arbeit im Beirat Findorff informiert ohne die lokale Berichterstattung im »Weser Kurier« ? Gar nicht. Die Berichterstattung in FINDORFF GLEICH NEBENAN wurde übrigens 2020 auf einer Sitzung des Fachausschusses »Wirtschaft, Kultur, Inneres und Sport«, als »Öffentlichkeitsarbeit« Thema war, von einem Beiratsmitglied als tendenziös bezeichnet. Gut erkannt: Wir haben uns über dieses »Lob« eines liberalen Jungpolitikers sehr gefreut. So ist das, wenn man unabhängig von Parteien Meinung zeigt – und sogar ein Stadtteilmagazin für Handel, Dienstleistung, Kultur und Politik darf tendenziös sein, ist aber kein Ersatz für eine fehlende Öffentlichkeitsarbeit des Beirats. Angesichts von weiterhin polarisierenden Entscheidungen, wie den Antrag für die Einführung des Bewohnerparkens, wird eine bürgernahe und eigenständige Vermittlung von Lokalpolitik durch die verantwortlichen Akteure sehr schnell noch sehr notwendig werden. 

 

Wir wollen fair sein: Wer könnte eine offensive Öffentlichkeitsarbeit für unser Stadtteilparlament überhaupt leisten ? Freiwillige Beiratsmitglieder ? Die haben, wie auf der besagten Sitzung Anfang 2020 deutlich wurde, weder Zeit und Energie, noch finanzielle Mittel oder Wissen und Know-how, um eine professionelle Kommunikation für den Beirat zu leisten. Das Informationsbedürfnis der FindorfferInnen ist mit Sicherheit vorhanden. Zweite Chance vertan: schade, eigentlich !

Mit dem Beginn der Coronakrise hat sich vieles für uns geändert. Das öffentliche Leben wurde zeitweise in weiten Teilen der Gesellschaft heruntergefahren wie nie zuvor – und die weltweite Pandemie hatte natürlich auch große Auswirkungen auf die Politik in Bremen und den Beirat in Findorff.

 


Ein gewaltiger Sprung für den Beirat Findorff.

 

Plötzlich galt es coronabedingt, Abstand zu halten und Kontakte zu vermeiden. Sitzungen vor Ort mussten durch das Ortsamt regelkonform mit viel Aufwand organisiert werden – und auch die zunehmende Digitalisierung eröffnete dem Beirat Findorff völlig neue Möglichkeiten für mehr Bürgerbeteiligung auf anfangs ungewohnten Wegen. 

 

Video killed the Hinterzimmer ? Videokonferenzen, an denen jedeR online teilnehmen kann, ersetzen seit Oktober 2020 in Findorff analoge Sitzungen – und für mehr Öffentlichkeit und Transparenz iist das ein echter Sprung nach vorn. Wie konnte es nach vielen Jahren des Stillstands dazu kommen ? Anfang März wurden wegen Corona alle im 1. Halbjahr 2020 geplanten Beiratssitzungen abgesagt. 

Wie es für Findorff mit der vorgeschriebenen Bürgerbeteiligung nach der Sommerpause weitergehen könnte, dazu gab es Anfang Mai 2020 laut »Weser Kurier« ein Treffen von Beiratsmitgliedern. Zitat: »Es ist ja nicht realistisch, dass es in nächster Zeit wieder Sitzungen wie gewohnt geben wird – da müssen wir Wege finden«, sagte Beiratssprecherin Anja Wohlers (Grüne). Juni 2020 wurde zudem durch den Stadtteilbeirat ein Beschluss zur »Ermöglichung der Teilhabe am politischen Diskurs« gefasst. In dem Beschluss forderte der Beirat das Ortsamt West und die Senatskanzlei auf, die technischen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen, um allen BürgerInnen die Teilnahme an den Sitzungen im 2. Halbjahr digital zu ermöglichen. Begründung: »Die Kommunalpolitik zeichnet sich durch die räumliche und persönliche Nähe zwischen der Politik und Bevölkerung aus. Wenn Präsenzsitzungen durch eine Pandemie nicht in gewohnter Öffentlichkeit erfolgen könnten, dann sei es notwendig, andere Formen der Öffentlichkeit, Transparenz, Teilhabe und Inklusion zu ermöglichen.« Präsenzsitzungen mit einer eingeschränkten Öffentlichkeit seien ein richtiger und wichtiger erster Schritt. Allerdings müsste das grundsätzliche Ziel darin bestehen, eine umfassende Öffentlichkeit zu ermöglichen. Neben der demokratischen Teilhabe sei die politische Öffentlichkeit eine wichtige Voraussetzung für die gesellschaftliche Kontrollfunktion. Die abschließend genannte Zielsetzung des Beschlusses lautete: »Wenn die Beiratssitzungen in Form einer Videokonferenz organisiert würden, dann wäre es möglich, Kommunikation beispielsweise über einen Chat zu etablieren und dem Anspruch einer umfassenden Öffentlichkeit inklusive politischer Teilhabe gerecht zu werden.«

 

Nach der Sommerpause in 2020 ging es mit den Sitzungen des Beirats in Findorff wie in den Jahren zuvor zunächst mit in analogen Räumlichkeiten ohne Videokonferenz und »Live-Stream« weiter – unter strengen Auflagen und mit Anmeldung für stark begrenzte BesucherInnenplätze. Problematisch für die Umsetzung als »Live-Stream« ist: Auch in Findorff müssen aufgrund der geltenden Corona-Regeln die Veranstaltungsräume für die Übertragung von analog abgehaltenen Sitzungen groß genug sein, damit Tische und Sitzplätze mit dem erforderlichen Abstand ausgerichtet werden können. Die vor Corona genutzten Veranstaltungsorte sind als Räume aber zu klein. Im Vergleich zu anderen Beiräten hat der Beirat Findorff keine Möglichkeit, Schulen oder Mensen im Stadtteil zu buchen. In den Messehallen auf der Bürgerweide gibt es zwar Räumlichkeiten, die groß genug wären, die sind aber nicht zu finanzieren. Infrage kommen im Stadtteil nur der Gemeindesaal der Martin-Luther-Gemeinde und die Kesselhalle im Schlachthof – und auch diese Räume müssen kostenpflichtig angemietet werden. Um Beiratssitzungen als »Live-Stream« übertragen zu können, ist für jedes Beiratsmitglied außerdem ein Tisch für ein Mikro zu stellen. Das ist im Gemeindesaal möglich, war in der Kesselhalle auf der erhöhten Bühne aber bisher nicht zu leisten. 

 

Die Erkenntnis der Notwendigkeit für eine digitale Lösung, um Sitzungen weiterhin zu realisieren, war also in der Theorie vorhanden, aber es fehlte weiterhin an einer praktischen Umsetzung. Bereits Anfang Oktober 2020 zeichnete sich ein »Worst-Case-Szenario« ab, dass aufgrund steigender Zahlen an Infizierten erneut gar keine analogen Sitzungen mehr stattfinden würden – zumal die Gesundheit von Beiratsmitgliedern und Gästen weiterhin stark gefährdet war, insbesondere die von Menschen, die zu den Risikogruppen gehören. Der Autor dieser Zeilen schrieb zur gleichen Zeit in einen »Zwischenruf« auf dem Stadtteilportal www.findorff-gleich-nebenan.de folgende für die weitere Entwicklung prophetische Sätze:  »Wären angesichts steigender Coronazahlen kurzfristig auch rein virtuelle Beiratssitzungen möglich, die als digitale Videokonferenzen abgehalten und online zu sehen sein könnten – selbstverständlich unter Beteiligung aller interessierten BürgerInnen ?«

 


Der Login ermöglicht eine ortsunabhängige Teilnahme.

 

Surprise, surprise ! Am 3. November 2020 Punkt 18:00 Uhr fand die erste Sitzung im Fachausschuss »Wirtschaft, Kultur, Inneres und Sport« in Form einer Videokonferenz statt. Diese digitale Premiere ist als Zeitsprung für eine einfache Bürgerbeteiligung und verbunden mit mehr öffentlicher Transparenz in der Lokalpolitik fast ebenso wegweisend wie die Mondlandung vor 50 Jahren. Man möchte sofort Neil Armstrongs berühmten Satz abwandeln, den er nach seinen ersten Schritten auf dem Mond gesagt hat: »Ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein gewaltiger Sprung für den Beirat Findorff«. 

Die Öffentlichkeit wird seitdem digital hergestellt. JedeR kann an den als Videokonferenzen veranstalteten Beiratssitzungen bequem von zuhause aus teilnehmen. Auch ohne Onlinezugang ist eine Teilnahme per Telefon möglich. In dieser Form können bis zu 250 Personen teilnehmen. Die erste Videokonferenz einer Sitzung des Beirats Findorff hat übrigens technisch hervorragend geklappt. Schade nur: Es gab so gut wie keine Beteiligung von BürgerInnen an der ersten Onlinesitzung. Shame on you ! 

 

Auf der zweiten Sitzung des Fachausschusses »Bau, Klima, Umwelt und Verkehr« waren zeitweise schon bis zu 49 Personen inklusive Beiratsmitglieder, Moderatorin und ExpertInnen eingeloggt. Dass lag wahrscheinlich auch daran, weil das Aufregerthema »Bewohnerparken« auf der Tagesordnung stand. Auf der dritten Sitzung waren es zeitweise bereits bis zu 75 Personen, die online dabei waren. So kann es weitergehen !

 

Wurde man früher kurz vor Beginn einer Beiratssitzung schon einmal süffisant mit den vielsagenden Worten: »Sehen Sie, wer uns sucht, der findet uns auch !« begrüßt, nachdem man mangels Ausschilderung das Hinterzimmer in einem Schulgebäude gerade doch noch gefunden hat, ist eine Teilnahme an einer Videokonferenz von zuhause aus unkomplizierter und zeitlich mit weniger Aufwand verbunden. 

 

Auch die Art und Weise der Gesprächsführung hat sich positiv geändert. Christina Contu, im Ortsamt West zuständig für die »Stadtteilsachgebietsleitung Findorff«, hat nicht nur die Technik im Griff. Sie moderiert auch, wie es in neutraler Position sein soll: pragmatisch, aufmerksam und überparteilich. Auch die Chatfunktion wird gut angenommen. Diese Funktion nur auf Einträge wie »Wortmeldung« zu reduzieren, entspricht allerdings nicht ihrem Zweck. Es macht durchaus Sinn, dass alle TeilnehmerInnen während der Diskussion über den Chat auch Fragen stellen oder Kommentare und Hinweise abgeben können. Es muss auch nicht alles beantwortet werden. Auch gut, weil online jetzt von überall aus zu sehen: Wer agiert und argumentiert wie ? Auch für Videokonferenzen gilt: Von intelligenten Wortbeiträgen, pomadigen Selbstdarstellungen, klassischen Wutbürgerbeiträgen und eher schweigenden TeilnehmerInnen ist weiterhin alles dabei. Ein klarer Vorteil ist jetzt, dass die zeitliche Koordination von Redebeiträgen durch die Hoheit der Moderatorin über die Mikrophone sehr diszipliniert abläuft. Was aber, wenn man live nicht teilnehmen kann ? Videokonferenzen lassen sich mit »Go to Meeting« aufzeichnen – und können auf Videoportalen wie »vimeo« eingestellt und nachträglich zugänglich gemacht werden. 

 

Fazit: Videokonferenzen ermöglichen eine ortsunabhängige Teilnahme für alle. Sie sind eine Vereinfachung für alle Beteiligten. Chance genutzt ! Lokalpolitik wird dadurch transparenter und »moderner«. Der Weg dahin war eine echte Leistung: Respekt für die MitarbeiterInnen im Ortsamt West. Auch wenn man sich nach Corona wieder analog treffen kann, sollten Sitzungen durch elektronische Kommunikation als Regelinstrument ergänzt werden – damit die Türen für eine Lokalpolitik in Hinterzimmern auch nach Corona dauerhaft verschlossen bleibt. Das Thema Öffentlichkeitsarbeit allerdings bleibt präsent. Zumindest die Termine von Sitzungen sollten durch den Beirat breit kommuniziert werden. Weil dafür viel Luft nach oben ist, postet FINDORFF GLEICH NEBENAN, bis es hoffentlich bald soweit ist, die Einladungen weiter auf www.facebook.com/FindorffVerlag 

 

Text: Mathias Rätsch, Foto: Everett Collection, www.shutterstock.com, Text erschienen in Ausgabe 17, 2021

 

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