Die Wirtschaftsinteressengemeinschaft der Findorffer Geschäftsleute e.V. erhält jährlich 120.000 Euro Subventionen aus Steuergeldern von der Bremer Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation.
Evaluation zum »Erfolg« der Maßnahmen? Seit Jahren Fehlanzeige. FINDORFF GLEICH NEBENAN hat bei der Pressestelle der verantwortlichen Senatorin nachgefragt – und bisher wenig überzeugende Antworten bekommen.

Offensichtlich weiß das Wirtschaftsressort nicht, wie man »Quartiermangement« definiert und transparent evaluiert.
FINDORFF GLEICH NEBENAN fragte das zuständige Wirtschaftsressort: Wie definiert sich ein »Quartiersmanagement« für unseren Stadtteil Findorff (vgl. Walle) ?
Antwort des Pressesprechers: »Die Definition eines „Quartiersmanagements“ ist nach meiner Ansicht nicht einheitlich, sodass hier ein großer Interpretationsspielraum besteht. In meinem Haus wird grundsätzlich nicht zwischen Quartiersmanagement, Stadtteilmanagement, Stadtteilmarketing oder - wie in Walle - der Quartiersmeisterei unterschieden.«
Tatsche ist: Offensichtlich weiß das Wirtschaftsressort nicht, wie man ein professionelles Anforderungsprofil für ein echtes »Quartiermangement« definiert und vor allem transparent evaluiert. Dabei sind entsprechende Definitionen bspw. auf wikipedia völlig eindeutig: »Ziel ist eine vermittelnde Rolle zwischen Quartier und Verwaltung (vertikal) und zwischen bestehenden Quartierseinrichtungen (horizontal).[2] Aufgabe aller unterschiedlich gestalteter Formen von Quartiersmanagement in Deutschland ist die Information und Beteiligung der Anwohner sowie die Aktivierung von Engagement für den Stadtteil.«
Karsten Stumpf, Kolumnist bei FINDORFF GEICH NEBENAN, ergänzt den Anspruch an ein Quartiersmanagement für Alle: »Quartiersmanagement soll die soziale, städtebauliche und wirtschaftliche Entwicklung im Stadtteil fördern, indem es die Beteiligung und Vernetzung der BewohnerInnen, lokaler Organisationen und auch der Behörden ermöglicht. Das ist eine umfangreiche und lebendige Aufgabe. Konkret bedeutet das, dass das Quartiersmanagement als Vermittler zwischen den BewohnerInnen, den AkteurInnen im Stadtteil und der Verwaltung auftritt. Das Quartiersmanagement aktiviert und fördert das Engagement der BewohnerInnen für den Stadtteil und unterstützt die Arbeit lokaler Initiativen. Es vernetzt die verschiedenen AkteurInnen im Stadtteil, um gemeinsam verabredete Ziele zu erreichen.«
Mehr zum Thema auf www.findorff-gleich-nebenan.de/der-stadist/folge-5-was-ist-was-zum-beispiel-quartiersmanagement-1/
Es gab und gibt zu keinem Zeitpunkt eine Abstimmung der Maßnahmen und auch keine regelmäßigen Abstimmungsrunden mit dem Beirat Findorff.
FINDORFF GLEICH NEBENAN fragte das zuständige Wirtschaftsressort: Wo gibt es darüber öffentliche Transparenz, die Verwendung der Subventionen aus Steuermitteln für alle nachvollziehbar darstellt?
Antwort des Pressesprechers: »Die Transparenz der Vergabe öffentlicher Mittel ist gewährleistet einerseits über den jährlichen Zuwendungsbericht der Freien Hansestadt Bremen und zum Zweiten der Möglichkeit, entsprechende Anfragen an die zuwendungsgebende Stelle zu stellen, was Sie ja auch taten. Die Abstimmung der Maßnahmen mit dem Beirat und mit der Wirtschaftsbehörde erfolgt in regelmäßigen Abstimmungsrunden.«
Tatsache ist: Die wiederholt aufgestellte Behauptung des Wirtschaftsressorts »Die Abstimmung der Maßnahmen mit dem Beirat und mit der Wirtschaftsbehörde erfolgt in regelmäßigen Abstimmungsrunden.« ist nachweislich falsch. Es gab und zu keinem Zeitpunkt in den letzten Jahren der Förderungen eine Abstimmung der Maßnahmen und auch keine regelmäßigen Abstimmungsrunden mit dem Beirat Findorff. Im Gegenteil: Der Beirat Findorff lehnt auf Nachfrage über das Ortsamt West jede Zuständigkeit und Verantwortung ab.
Die Ortsamtleitung für den Bremer Westen schreibt dazu auf die Presseanfrage von FINDORFF GLEICH NEBENAN: »Es handelt sich um eine Zuwendung der Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation. Die Vereinbarung über die Projektziele des Quartiersmanagement und die Zuwendungsprüfung erfolgt in dem Ressort, der Beirat erlangt hiervon keine Kenntnis und ist auch nicht für die Information der Öffentlichkeit über die Arbeit des von Wirtschaft finanzierten Quartiersmanagement verantwortlich.«
Die Verwendungsnachweise für 2023 und 2024 für das sogenannte Quartiersmanagement stehen weiterhin aus.
FINDORFF GLEICH NEBENAN fragte das zuständige Wirtschaftsressort: Wir bitten nach den Aufstellungen der Projektförderungen für das sogenannte »Quartiermanagement« für die Wirtschaftsinteressengemeinschaft 2021/2022 nunmehr zeitlich passend kurzfristig um Zuleitung der Aufstellungen der Findorffer Geschäftsleute e.V. für die Jahre 2023 und 2024.
Antwort des Pressesprechers: »Der Verwendungsnachweis für die Förderung der Findorffer Geschäftsleute 2023 ist erst seit dieser Woche abgeschlossen. Er liegt bei. In den Spalten wird unterschieden in »aut Zuwendungsbescheid«, »laut eingereichtem Verwendungsnachweis« und letztendlich »anerkannt nach Verwendungsnachweisprüfung«. Der Verwendungsnachweis für 2024 ist erst teilweise eingereicht worden, so dass die Prüfung noch dauern wird. Ich werde Ihnen die Übersicht unaufgefordert nach Fertigstellung zukommen lassen.«
Tatsache ist: Der Verwendungsnachweis für 2023 für das sogenannte Quartiersmanagement wurde uns bis heute, trotz mehrfacher Nachfragen, NICHT zugeleitet, obwohl laut Pressesprecher in der Antwortmail angehängt, was nicht der Fall war. Auch der Verwendungsnachweis für 2024 steht weiterhin aus. Dazu haben wir mehrmals nachgefragt – ohne Antwort zu bekommen.
Der Verein listet nur seine ca. 60 Mitglieder auf.
FINDORFF GLEICH NEBENAN fragte das zuständige Wirtschaftsressort: Desweiteren bitte wir um Stellungnahme, warum auf der durch die Wirtschaftssenatoren finanzierte neue Internetpräsenz des Verein www.findorff.de hier ausschließlich die ca. 60 Vereinsmitglieder https://findorff.de/mitglieder/ und nicht alle über 300 Geschäftsleute im Stadtteil Findorff aufgeführt werden, zumal die Projektförderung für das sogenannte »Quartiersmanagement«, sicherlich für alle Unternehmen im Stadtteil gedacht ist.
Antwort des Pressesprechers: »Die Homepage findorff.de wird laut dem Verein gerade neu auf- und angelegt. Das Gesamtportfolio der Findorffer Betriebe ist in Bearbeitung und soll mittelfristig umgesetzt werden.«
Tatsache ist: Der Verein listet auch nach dem Relaunch weiterhin nur seine ca. 60 Mitglieder auf. Das zugesagte Gesamtportfolio ALLER UnternehmerInnen im Stadtteil ist auch auf den neuen Seiten https://findorff.de/mitglieder an keiner Stelle zu finden.
Folgende Nachfragen von FINDORFF GLEICH NEBENAN wurde seitens des Wirtschaftsressort bisher weiterhin nicht beantwortet: »Was heißt mittelfristig? Bitte um einen konkreten Zeitplan. Bitte um Aufstellung der erfassten Unternehmen und Vereine zwecks Abgleichung mit unseren Erfassungen.«
Die »Quartiermanagerin« definiert man neuerdings als »Projektmanagerin«. Ihre Aufgaben umfassen ganz klar vereinsinterne Aufgaben.

FINDORFF GLEICH NEBENAN fragte das zuständige Wirtschaftsressort: Quartiersmanagement definiert sich als sich Zusammenführung der AkteurInnen aus den verschiedenen Bereichen der Verwaltung, der lokalen Politik, der privaten Wirtschaft, der lokalen Vereine und der nicht organisierten AnwohnerInnen. Tatsache für Findorff ist allerdings, dass bei uns von dem so genanten »Quartiersmanagement« im Stadtteil niemand weiß, weil es offiziell seitens der Interessengemeinschaft weiterhin nicht als solches bekannt gemacht wird und nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.
Antwort des Pressesprechers: »Inzwischen ist die Projektmanagerin Frau S.... schrittweise „dem Stadtteil bekannt gemacht“ worden, über info@findorff.de ist sie zu erreichen. Auch beim monatlichen Evening-Talk ist sie in der Regel persönlich ansprechbar. Ein Großteil der Findorffer Akteurinnen und Akteure, unter Ihnen auch die lokale Politik, die Wirtschaft sowie Vereine sind oder waren rund um das Findorffer Dorfffest 2025 in einem regelmäßigen Dialog mit Frau S...... Insbesondere dadurch ist ihr Bekanntheitsgrad gesteigert worden.«
Tatsache ist: Die Antwort ist fragwürdig. Warum wurde Frau Suresh als Managerin fürs Quartier »nur schrittweise« im »Stadtteil bekannt gemacht« – und zwar erst nach einem ganzen Jahr und primär in ausgesuchten Kreisen? Erstmals breiter öffentlich genannt wurde die die aus Steuergeldern bezahlte Mitarbeiterin in einem PR-Artikel seitens des Vereins im WESER KURIER: Hier wird sie allerdings ausschließlich als »Projektmanagerin der Findorffer Geschäftsleute e.V.« für deren Belange geführt.
Aufschlussreich: Auch im neuen Internetauftritt des Vereins der Findorffer Geschäftsleute wird die von Steuergeldern bezahlte Mitarbeiterin nirgendwo als »Quartiersmanagerin« für alle FindorfferInnern und Unternehmen im Stadtteil erwähnt.
Mittlerweile führt die mit 120.000 Steuergeldern für das Findorffer Quartiermanagement subventionierte Wirtschaftsinteressengemeinschaft der Findorffer Geschäftsleute e.V. die mit Steuergeldern geförderte Position einer sogenannten »Quartiermanagerin« als »Projektmanagerin«. Ihre Aufgaben sind ganz klar vereinsintern als Vereinsverwaltung, Öffentlichkeitsarbeit und das Veranstaltungsmanagement – geleistet primär für den Verein mit nur ca. 60 Vereinsmitglieder, wie hier neuerdings auch öffentlich ganz unverhohlen online kommuniziert wird.
https://findorff.de/vorstand-und-projektmanagement/
Was kann man tun, außer Presseanfragen zu stellen?
Der Bremer Rechnungshof, der seit Jahren Subventionen für Stadtteilmarketing ohne Evaluation scharf kritisiert, ist in Kenntnis gesetzt.
Bereits 2012 hatte der Bremer Rechnungshof Subventionen aus Steuergeldern für Stadtteilmarketing ohne Evaluation kritisiert: »Mehr als die Hälfte der zuwendungsfähigen Kosten der Stadtteilförderung entfallen auf Personalkosten. … Der Rechnungshof hat dem Ressort Vorschläge unterbreitet, wie die Vereine, die das Stadtteilmarketing betreiben, ihre Einnahmen erhöhen könnten. Bei den in den Stadtteilen geförderten Veranstaltungen könnten sozialverträgliche Eintrittsgelder erhoben und von den jeweiligen Standbetreibern höhere Entgelte verlangt werden. … Der Erfolg der Fördermaßnahmen lässt sich nicht anhand messbarer Kriterien belegen. ... Angesichts dessen erschließt sich insgesamt nicht, warum das City- und Stadtteilmarketing und -management vom Ressort dennoch als erfolgreich angesehen wird.«und weiter: »Nach §§ 23, 44 LHO dürfen für Leistungen außerhalb der bremischen Verwaltung nur dann Zuwendungen vergeben werden, wenn an der Erfüllung des Zuwendungszwecks durch solche Stellen erhebliches bremisches Interesse besteht, das ohne die Zuwendungen nicht oder nicht in notwendigem Umfang befriedigt werden kann. Der Rechnungshof sieht kein erhebliches öffentliches Interesse an einer Stadtteilförderung, deren Ziele so unbestimmt sind, dass sie sich einer Messbarkeit entziehen. Er hält die Fortsetzung der Förderung ... deshalb für nicht vertretbar…«
Wie sagt uns kürzlich ein Insider aus Findorff, der nicht namentlich genannt werden will? »Der Verein der Findorffer Geschäftsleute muss aufpassen, das ihm das Konstrukt nicht eines Tages um die Ohren fliegt.«
FINDORFF GLEICH NEBENAN wartet zu den nicht evaluierten Maßnahmen des Findorffer »Quartiermanagements, dass bei einer auf vereinsinterne Vorteile ausgerichteten Wirtschaftsinteressengemeinschaft offensichtlich falsch angesiedelt ist, nun auf eine weitere Antwort des Bremer Rechnungshofes.
Recherche und Text: Mathias Rätsch im September 2025
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