DIE PSYCHOLoGsche Beraterin AUS FINDORFF GIBT 155 TIPPS ZUR SELBSTBEHAUPTUNG


Wir fühlen uns in Findorff pudelwohl.

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Petra von Minden arbeitet selbständig als Psychologische Beraterin, Coach, Supervisorin und Dozentin in der Erwachsenenbildung. Ihre Schwerpunkte sind Kommunikation und Gesprächsführung, Konfliktbewältigung und Selbstbehauptung. Privat lebt die 63-Jährige gemeinsam mit ihrem Mann, der als Rechtsanwalt tätig ist, seit über 30 Jahren in Findorff. Für alle interessierten FindorfferInnen und natürlich auch alle anderen gibt es die Möglichkeit, ein Exemplar des Buches »Meine Grenzen erweitern: 155 Techniken zur Selbstbehauptung und zum Abbau innerer Blockaden« direkt bei der Autorin zu erwerben – gern auch mit persönlicher Widmung. Bei Interesse kann man sich melden unter Telefon 0421 354985 oder aber per E-Mail.

 


Frau von Minden, Sie sind seit 25 Jahren selbstständig als psychologische Beraterin, Coach, Supervisorin und Dozentin in der Erwachsenenbildung tätig. Das klingt nach einer ziemlich vielseitigen Karriere. Wie sah Ihr beruflicher Weg dahin aus und wie war der Start in die Selbstständigkeit für Sie ?

 

Mein Lebensweg war nicht ganz gerade. Ich wusste nach dem Abitur überhaupt nicht, wo es lang gehen sollte. Ich habe erstmal nach dem Prinzip »Lust« alles Mögliche ausprobiert. Ich habe zunächst für das Lehramt studiert – mit meinen Lieblingsfächern. Das hat nichts mehr mit dem zu tun, was ich heute mache. Ich habe dann vieles ausprobiert und gemerkt, dass der gemeinsame Faktor die Arbeit und Begegnung, der intensive Kontakt mit Menschen ist. Erst ziemlich spät, im Alter von ungefähr 35 Jahren, haben sich die unterschiedlichen Erfahrungen, inklusive einer eigenen Therapie, zusammengefügt zu dem, was ich heute beruflich mache. Die Selbstständigkeit war nicht ganz freiwillig. Die kam, weil ich einfach nicht den idealen Job gefunden hatte und meine Fähigkeiten einfach auf eigene Faust angeboten habe.Vielleicht sollte es so sein. 

 

Heute arbeiten Sie in ganz verschiedenen Bereichen. Wie vereinen Sie die unterschiedlichen Tätigkeiten – und gibt es etwas, was Sie besonders gerne machen ? Oder liegt der Reiz gerade darin, in verschiedenen Kontexten tätig zu sein ?

 

Ja, diese Vielfältigkeit  gefällt mir. Die Lehrerin steckt immer noch in mir. Die Arbeit an der Schule war aber nicht das Richtige für mich. Heute unterrichte ich Kommunikation, Beratungsarbeit etc. in der Erwachsenenbildung, in Ausbildungen und an der Universität. Für mich steht aber die beratende Tätigkeit im Vordergrund. Ich berate Menschen in allen Lebenssituationen und diesen intensiven und ehrlichen Kontakt schätze ich sehr. Beratung und Coaching biete ich als Supervisorin auch für Gruppen und Arbeitsteams an. Was ich besonders an meinem Beruf schätze, ist, dass die Menschen freiwillig  und gerne zu mir kommen. Letztlich ist es das Gesamtbild, welches den Reiz für mich ausmacht. Unterschiedliche Aufträge mit immer wieder anderen, herausfordernden Aufgabenstellungen zu haben, macht mir Spaß. Es ist jeden Tag wieder neu, bunt und immer wieder überraschend. Ich kann von allem das Beste in meinen Tätigkeiten vereinen und bleibe dabei flexibel und unabhängig.

 

Was für Menschen sind es, die Ihr psychologisches Fachwissen in Anspruch nehmen ? 

 

Ich arbeite in diesem Bereich jetzt seit 25 Jahren und früher waren es tatsächlich überwiegend Frauen. Aber das stimmt heute nicht mehr. Jetzt nehmen auch viele Männer Seminar- und Beratungsangebote wahr. Ich berate Menschen aus allen Bevölkerungsschichten. Viele kommen aus sozialpädagogischen Berufen. Das liegt aber daran, dass ich in dem Bereich entsprechend viele Kontakte habe und man mich dort kennt. Auch in den Kursen, beispielsweise an der Volkshochschule, lernen mich Menschen kennen, die danach zu mir kommen.

 

Sich psychologische Unterstützung zu suchen hatte lange einen schlechten Ruf. Es wurde als Schwäche gesehen und war mit Scham behaftet. Gibt es solche Vorbehalte immer noch oder hat sich die gesellschaftliche Meinung da verändert ?

 

Ich habe das nie so erlebt. Das mag aber auch an mir liegen. Für mich ist das eher eine Auszeichnung. Ich liebe und schätze Menschen, die an sich arbeiten und sagen: »Ich will das nicht alles so hinnehmen, wie es ist. Es soll sich etwas ändern und ich möchte etwas dafür tun.« Das vertrete ich offenbar so klar, dass ich noch nie erlebt habe, dass jemand psychologische Unterstützung  als Schwäche gesehen hat. Die meisten, die zu mir kommen, haben damit kein Problem. Sie reden mit Freunden und Kollegen durchaus darüber, dass sie zu mir kommen. Es ist natürlich von Person zu Person unterschiedlich. Aber psychologische Hilfe ist definitiv kein Tabuthema mehr. Gott sei Dank !

 

Ich habe selbst Psychologie studiert und erlebt, dass man als Psychologin oft mit Respekt, aber auch einer gewissen Vorsicht behandelt wird. Es gibt zum Beispiel das berühmte PsychologInnen-Klischee, man würde immer alle in seinem Umfeld analysieren. Trifft das bei Ihnen zu ?

 

Ich kann da wieder nur für mich sprechen. Man kann nicht in die Köpfe anderer gucken. Schon  möglich, dass jemand sich solche Sorgen macht, wenn er oder sie hört, was ich beruflich mache. Natürlich würden sie sich mit mir unwohl fühlen, wenn ich mich ihnen gegenüber wie eine Therapeutin benehme. Diese Personen werden dann ganz genau hinschauen und nachspüren, wie sie sich mit mir fühlen. Fühlen sie sich analysiert ? Wenn das von mir nicht kommt, dann wird diese Sorge ganz schnell abgelegt. Ich frage mich gerade, ob ich wohl durch meinen Beruf im normalen Alltag anders als andere kommuniziere ? Komplett weglassen kann ich meine Fähigkeiten wohl nicht. Ich achte viel auf  Nuancen der Kommunikation und auf Körpersprache. Solche Dinge fallen mir natürlich viel leichter auf, als anderen, einfach, weil ich das so oft mache. Sicherlich bin ich durch meine beruflichen Fähigkeiten ein wenig sensibler. Ich merke beispielsweise schnell, wenn jemand sich zurückziehen und ein Thema beenden will. Das respektiere ich natürlich immer. Aber bei der Arbeit habe so etwas wie einen Knopf, den ich anschalte. Damit fokussiere ich meine Aufmerksamkeit dann ganz stark. Das mache ich im privaten Kontext nicht so, da bin ich vollkommen normal. Das gehört sich auch so, finde ich. Tatsächlich habe ich eher erlebt, dass die Tatsache, dass ich als Psychologin arbeite, als eine Chance gesehen und mir mehr erzählt wird, nach dem Motto:  »Dann kann ich dich ja gleich mal etwas fragen.«

 


155 Ideen, um für sich das Richtige zu finden.

Neben Ihrer sonstigen Arbeit sind Sie auch Autorin des Ratgebers »Meine Grenzen erweitern: 155 Techniken zur Selbstbehauptung und zum Abbau innerer Blockaden«. Ihr Buch richtet sich an Menschen, die quasi zu hilfsbereit sind und schwer »nein« sagen können. Wie kam es dazu, dass sie gerade dieses Thema für ihr erstes Buch ausgewählt haben ?

 

Das ist aus der Arbeit heraus entstanden, weil ich in den Seminaren, die ich an der Volkshochschule und in anderen Einrichtungen gebe, immer wieder darüber stolpern musste. Wenn dort eine Person gesagt hat, dass sie sich nicht richtig abgrenzen kann, hat der überwiegende Teil der Gruppe ebenfalls ein großes persönliches Interesse an diesem Thema gezeigt. Immer gab es dazu viele Fragen, wurde eine Vertiefung des Themas gewünscht. Die meisten Menschen haben auf die eine oder andere Weise ein Problem mit der richtigen Grenze. Irgendwann war dann die Idee da: Wenn da so ein großer Bedarf ist, kann ich doch auch in Buchform die vielen Fragen beantworten. Ich habe mich aber zunächst auf dem Buchmarkt orientiert. In den Jahren 2017/2018 gab es erstaunlicherweise noch gar nicht so viele praktische Ratgeber zu diesem Thema. Die vorhandenen haben einen anderen Fokus gesetzt. Was mich bei einigen Büchern immer wieder ärgert, ist der schnelle Tipp: »Du musst einfach mal ›nein‹ sagen«. Genau das können die Ratsuchenden ja nicht. Natürlich ist das eine Möglichkeit, aber die reicht für die meisten Menschen nicht. Zudem muss jeder eine andere Form finden, die für ihn ganz persönlich geeignet ist. Für hilfsbereite Menschen ist es einfach gar nicht machbar, so abrupt »nein« oder »stopp« zu sagen und sein Gegenüber damit im Regen stehen zu lassen. Sie brauchen z.B. dezentere Formen. Am Ende sind irre viele Techniken entstanden: 155 Ideen, damit jedeR für sich das Richtige finden kann. Insgesamt fand ich, dass die Problematik der Abgrenzung zu oberflächlich behandelt wurde. Sie setzte nicht dort an, wo das Problem anfängt: teilweise bei der Erziehung und tief verwurzelt im Unterbewusstsein, in Form von Mustern und Grundsätzen. Dazu fand ich nicht ausreichend Informationen. Dieses Thema wollte ich vertiefen. Mittlerweile sind aber zahlreiche Bücher zu dem gleichen Thema auf den Markt gekommen. Mein Buch zeichnet sich meines Erachtens jedoch besonders durch die tiefgehende Betrachtung der Problematik aus, als auch durch die Menge der praktischen Hinweise.

 

Im Vorgespräch zu unserem Interview hatten Sie erwähnt, ein wichtiger Aspekt Ihres Buches sei, dass Grenzen im Kopf entstehen. Was meinen Sie damit ?

 

Vielleicht sollte ich dazu ein Beispiel bringen. Sobald wir denken: »Ich kann das nicht.«, oder: »Das wird Ärger geben. Sie wird sauer sein.«, laufen entsprechende chemische Vorgänge in unserem Körper ab. Das heißt, der Organismus stellt sich schon auf die vorgestellte Situation ein, er ›wappnet‹ sich. Muskeln spannen sich z.B. an, wenn ich an eine Auseinandersetzung denke. Die ganze Chemie des Organismus verändert sich entsprechend dieses Gedankens: die Mimik, die Haltung, die Körperspannung, das Denken, die Wahrnehmung. Genau das strahle ich dann auch aus. Das sehen die anderen. Unbewusst wird das ständig wahrgenommen. Dominante Menschen sehen das als Chance und haben dann leicht die Oberhand. Die spüren automatisch: Mit der Person kann ich es machen. Insofern fängt Abgrenzung in unserem Denken an. Wie denken wir über uns selbst ? Wie beurteilen wir andere oder uns selbst, unsere Fähigkeiten ? Das meiste davon ist uns gar nicht bewusst: warum wir bestimmte Dinge machen und wie wir Situationen beurteilen. Diese Vorgänge sind vollkommen normal und bei allen Menschen so. Dort wollte ich ansetzen. Was haben die Menschen für ein Verhältnis zu sich selbst, zu ihrem Körper, zu ihren Fähigkeiten, zu ihrem Selbstbild ? Der erste Teil des Buches ist Theorie, weil ich möchte, dass man versteht, was da abläuft. So kann jeder Verständnis für sich selbst aufbringen und es ist durchaus auch möglich, etwas zu verändern, zu verbessern, um dann positiver, selbstbewusster und aufrechter aufzutreten. 

 


Ich schreibe gerne.

Was empfehlen Sie jemandem, der oder die darunter leidet, sich nicht ausreichend abgrenzen zu können ?

 

Man kann das sehr kurz zusammenfassen: Das Hauptthema ist »Abstand«. Das ist das grundsätzliche Thema, um das es die ganze Zeit geht. Wenn uns jemand im direkten wie im übertragenen Sinne »zu nahe« tritt, dann läuft in unserem Organismus dasselbe Programm ab wie bei tatsächlicher Gefahr. Wir können nicht mehr richtig denken, wir möchten am liebsten weglaufen und wir können nicht mehr rational agieren. Diesen emotionalen Stress benutzen einige Menschen. Auch Machtspiele laufen auf dieser Ebene ab. Also haben alle empfohlenen Techniken mit dem richtigen Abstand zu tun. Immer ! Diesen Abstand kann ich sehr unterschiedlich gestalten. Zwei Beispiele: Einerseits, wenn ich schon vorher weiß, dass mein Grenze überschritten wird, und andererseits die Situation, wenn so etwas plötzlich und unerwartet passiert. Da gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Wenn ich zum Beispiel zur Arbeit muss und weiß, da ist wieder der Kollege Roth, der meine Einwände einfach beiseite schiebt und nicht beachtet, dann kann ich  mich vorbereiten, indem ich  mir klar mache: Ich kenne meine Aufgabe und werde meine Bedenken ganz  ruhig vertreten. Zu Hause und mit einem sicheren  Abstand, kann ich mich gut darauf konzentrieren. Dazu würde ich  empfehlen, schon im Voraus einen sicheren Abstand zu visualisieren. Das heißt, ich stelle mir zum Beispiel eine Glaswand vor. Ich sehe diese Glaswand, auch wenn sie gar nicht existiert. Die richte ich dann in einem angemessen sicheren  Abstand ein und sage damit: »Bis hierhin kannst Du kommen und nicht weiter !« Diesen Abstand stelle ich mir zwar nur vor, aber in meinem Organismus verändert diese Vorstellung etwas: Ich fühle mich deutlich geschützter. Diesen Tipp habe ich in Supervisionen schon ganz oft weitergegeben. Ich weiß, der klingt verrückt, aber er ist für die meisten Menschen hochwirksam. Durch diese Technik bin ich relativ geschützt: Ich weiß, wer ich bin, was ich will  und ich habe mir eine klare Grenze eingerichtet. Es ist erstaunlich, wie andere Menschen diese Grenze zu spüren scheinen und darauf prompt reagieren, das ist irre. Dann der zweite Fall: In einer Situation werde ich verbal überfahren, konnte also meinen Schutz vorher gar nicht mobilisieren. Keiner ist davor gefeit, dass jemand plötzlich unsere Grenze überschreitet. Das kann übrigens auch mit Blicken oder Worten geschehen. Ein abschätziger Blick ist auch schon eine Grenzüberschreitung. Wieder geht es um Abstand. Manchmal reicht es tatsächlich, einfach nur einen kleinen Schritt zurückzugehen, um sich körperlich ein paar Zentimeter zu entfernen, den Abstand zu vergrößern. Sie können auch einen Gegenstand, ein Buch oder eine Tasse zur Hand zu nehmen und so eine ›Barriere‹ zum anderen schaffen. Auch zeitlich oder inhaltlich können Sie für sich sorgen. Bevor Sie eine Zusage machen, die Ihnen hinterher wieder leid tut, könnten Sie sagen: »Darüber werde ich mal nachdenken. Ich gebe Ihnen nachher Bescheid.« Wenn das nicht geht, weil der andere Sie bedrängt, bleibt immer noch eine letzte (Notfall-)Technik, die immer funktioniert: Der Gang auf die Toilette, eine tatsächlich gesellschaftlich akzeptierte Flucht. Ich gehe räumlich raus aus der Situation, auf das »stille Örtchen«, und kann mich sortieren. Ich habe ein bisschen Zeit, ich habe räumlichen Abstand und kann überlegen, was ich eigentlich wirklich will. Ich kann meinen Schutz, zum Beispiel die Glaswand, wieder mobilisieren. Ich kann überlegen, wie ich in die Situation zurückgehen will und was ich dann sage. Das sind ein paar Techniken, die man auch gut kombinieren kann.

 

Über welche Themen würden Sie noch gerne schreiben ?

 

Ich schreibe schon mein ganzes Leben lang gern – und es fällt mir relativ leicht. Momentan schreibe ich an einem Buch über beratende Situationen, wie sie im Alltag zwischen Menschen stattfinden. Es geht um Grundlagen für beratende Gespräche, für Laien und für angehende Profis. Ich bin noch ein bisschen am korrigieren, aber dieser Ratgeber kommt dann wohl Mitte Juni beim »epubli-Verlag« raus.

 

Sie arbeiten in Bremen und leben privat in Findorff. Gibt es bei uns vielleicht mehr potenzielle KlientInnen als anderswo ?

 

Nein, das sicher nicht, meine KlientInnen kommen aus allen Berufsgruppen und auch aus allen Herkunftsländern.Ich lebe schon länger in Findorff, als ich im psychologischen Bereich arbeite. Der Stadtteil ist zentrumsnah, »multikulti« und es gibt tolle Geschäfte. Mir gefällt auch die Nähe zum Bürgerpark.

 

Wir fühlen uns hier einfach pudelwohl.

 

Interview: Leona Ilgner, Foto: Martin Bockhacker, Interview erschienen in Ausgabe Nr. 18, 2021

 

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Foto © Martin Bockhacker, www.bildplantage13.de