DANIELA PATAJ-VOGT PRODUZIERT UND VERKAUFT HANDGEMACHTES STIELEIS


Wenn man stehen bleibt, passiert nichts.

»Fiev Sinn« ist zugleich Stieleis-Manufaktur und Ladengeschäft im Schnoor 30 – und ein echtes Familienunternehmen mit einem engagierten Team aus leidenschaftlichen QuereinsteigerInnen. Gründerin Daniela Pataj-Vogt vertreibt das handgemachte Stieleis von »Fiev Sinn« über ausgewählte Handels- und GastronomiepartnerInnen in Bremen und umzu. Mehr Informationen gibt es auf www.stieleis-manufaktur.de und www.stadtfabrikanten.de 

 


Daniela Pataj-Vogt, Sie hatten im Sommer 2017 die Idee für die Stieleis-Manufaktur »Fiev Sinn«. Als kleines Familienunternehmen sind Sie heute mit Manufaktur und Ladengeschäft im Schnoor sehr erfolgreich. Welche »Eisbrocken« hatten Sie auf dem Weg zu einer erfolgreichen Selbstständigkeit aus dem Weg zu räumen ?

 

Eisbrocken gab es so nicht. Die einzige Hürde war, sich selbst noch einmal zu überreden und an seine Vision zu glauben. Das hat ganz gut geklappt. Ich habe mit der Planung begonnen und mit vielen Ideen und dem Blick nach vorne weitergemacht. 

 

Warum sollte gerade Stieleis das Produkt Ihrer Wahl sein ?

 

Dass es handgemachtes Stieleis wurde, war eher ein Zufall. Es war nicht meine erste Idee. Zunächst stand das Bedürfnis im Raum, sich im Leben noch einmal mit etwas völlig anderem als Architektur selbständig zu machen. 2016 fasste ich den Entschluss, ein Ladengeschäft mit schönen Dingen zu eröffnen. Welche Dinge es sein würden, war noch unklar. Im Schnoor fand ich durch Zufall den passenden Ort für meine noch nicht zu Ende gedachte Idee. Ich fing an, ein schönes Raumkonzept zu entwickeln. Vor Beginn der Renovierungsarbeiten blieb noch etwas Zeit für einen Urlaub in Italien. In Turin entdeckten meine Familie und ich durch Zufall eine Eisdiele der besonderen Art. Dort gab es selbstgemachtes Eis am Stiel. Wir waren sofort fasziniert von dem Eis: Es war optisch ansprechend und unfassbar köstlich. Eis am Stiel in seiner natürlichsten und leckersten Form ! Der Inhaber der Eisdiele hatte selbst die Maschine zur Herstellung seines eigenen Stieleises entwickelt und stellte dieses in Handarbeit her. So kam mir spontan die Idee, handgemachtes Stieleis anzubieten. Das Produkt hatte mich vollkommen überzeugt – auch weil es nur mit natürlichen Inhaltsstoffen hergestellt wird. Ich bin dann einfach in Turin geblieben, um dort das Eismachen zu erlernen. Der Urlaub war somit auf den Kopf gestellt und mein Mann hat ihn während meiner »Lehrzeit« kurzerhand mit Kindern und Hund allein fortgesetzt. Mit ihm habe ich einen großen Stieleis-Unterstützer und Sparringspartner an meiner Seite – das ist großartig und wichtig.

 

»Fiev Sinn« ist eine kleine, feine Qualitätsmarke, die mir positiv aufgefallen ist, weil Sie für »Fiev Sinn« eine klare Positionierung verfolgen, das Erscheinungsbild professionell gestaltet ist und Sie auf eine Multi-Channel-Strategie setzen. Was können Sie ExistenzgründerInnen aus Ihren Erfahrungen empfehlen ?

 

Der eigenen Kreativität zu vertrauen, eine klare Linie zu verfolgen und gute PartnerInnen zu haben sind wichtige Grundlagen – dann kann es funktionieren. Wenn man von »seinem« Produkt überzeugt ist und dafür brennt, entsteht eine gute Art der Kreativität. Bei mir spielt auch das Bauchgefühl eine große Rolle.

 

Sie waren im ersten Beruf Architektin. Ist das mit ein Grund, warum Sie eine hohe Sensibilität für eine bewusst gesteuerte Außendarstellung Ihrer Marke haben ?

 

Das ist möglich. Ich bin ein kreativer Geist und habe mich schon immer auf verschiedenen Ebenen für Gestaltung interessiert. Deshalb bin ich auch Architektin geworden. Gestaltung hat natürlich auch immer mit der Außendarstellung zu tun. In Bezug auf meine Marke habe ich natürlich den Anspruch ein ansprechendes und überzeugendes Design und Marketing zu entwickeln. Mein erster Beruf hilft mir heute ganz sicher.

 

Zur Markenentwicklung zählt ja auch die Namensfindung. »Fiev Sinn« heißt »fünf Sinne«. Ist der Name Programm ?

 

Der Name ist definitiv Programm. »Fiev Sinn« ist allerdings zunächst für mein Ladengeschäft im Schnoor im Brainstorming entstanden. Es geht darum, mit allen »fünf Sinnen« einzukaufen. Das zweite Unternehmen, die »Stieleis Manufaktur«, darf den Namen »Fiev Sinn« als Verbindungsglied tragen. Es sind zwei verschiedene Unternehmen unter einem Dach.

 

Speiseeis ist banal definiert eine gefrorene Süßware, die aus Zutaten wie Wasser, Milch, Sahne, Zucker und bestimmten Aromen besteht. Es ist ein klassisches Me-too-Produkt. Wie gelingt es Ihnen, die Exklusivität des eigenen Produktes zu schützen ?

 

Zum einen durch die eingetragene Marke, die Exklusivität ist zum anderen aber auch durch das hervorragende Produkt und eine klare Markenkommunikation gegeben, in der die Qualitäten von »Fiev Sinn« betont werden. Im Gegensatz zu anderen Stieleis-Anbietern, insbesondere der Industrie, besteht es nur aus natürlichen Inhaltsstoffen. Zur Identität gehört die unverwechselbare Stieleis-Form. Ein großer Vorteil ist, dass Eis als Genussmittel absolut positiv besetzt ist. Fast jeder mag Eis.

 

Ihr Produkt liegt im gehobenen Segment. Warum akzeptieren KundInnen die etwas höheren Preise für Stieleis von »Fiev Sinn« ?

 

»Fiev Sinn«-Stieleis ist im Vergleich zu dem, was an Zutaten enthalten ist und im Vergleich zur Herstellungsweise durchaus preiswert. Unsere KundInnen sind ÜberzeugungstäterInnen oder werden zu solchen. Sie sind bereit, besondere Qualität zu honorieren. Und unser Eis ist definitiv besonders und lecker. Alles wird in echter Handarbeit hergestellt. Die Zutaten werden genau abgewogen, dann zu Mischungen angerührt, in die Formen der Eismaschine portioniert, gefroren, herausgenommen und sortenrein in die Tiefkühlschränke sortiert. Wir sind darauf bedacht, qualitativ gute Zutaten zu verwenden, nach Möglichkeit regionale. »Fiev Sinn«-Stieleis ist etwas Besonderes und wird von den meisten KundInnen sehr wertgeschätzt.

 


Unser Eis ist handgemacht.

 

Ihr Unternehmen gehört zu den »Bremer Stadtfabrikanten«, eine Vereinigung von rund 30 unabhängigen handwerklich arbeitenden Manufakturen, die familien- oder personengeführt sind und sich für ehrliche, faire Produkte engagieren. Welche Vorteile und Synergien hat ein Netzwerk aus lokalen AnbieterInnen ? 

 

Zunächst ist es großartig zu wissen, dass auch andere sich mit selbstherzustellenden Produkten beschäftigen. Es ist gut, dass man jederzeit im Austausch sein kann, gemeinsam Veranstaltungen bespielt oder neue Produktkombinationen kreiert – und zum Beispiel ein Stieleis aus einem »Stadtfabrikanten« -Likör herstellt.

 

Ist lokale Kleinteiligkeit aus Ihrer Sicht ein neuer Trend ?

 

Ich glaube, viele Menschen legen Wert auf lokale Produkte – nicht nur die BremerInnen. Diese Nachfrage kann dann durchaus einen Trend setzen. Viele KundInnen möchten etwas besonderes erwerben, das es nicht überall gibt und möglicherweise besser schmeckt als die Massenware – offeriert von AnbieterInnen, die von dem überzeugt sind, was sie verkaufen. Um neue Zielgruppen zu gewinnen, gehen Sie mit dem Produkt »Stieleis« spielerisch um, bieten beispielsweise Eventboxen, gestalten Serviervorschläge oder machen maßkonfektioniertes, individualisiertes »Custom-Ice«.

 

Bewegung statt Stillstand: Sind kreative Ideen heute immer wieder notwendig, um als kleine Manufaktur zu überleben ?

 

Absolut. Genau das braucht es. Wenn man stehen bleibt, passiert nichts. Man sollte seine Produkte mit Ideen stets in Bewegung halten, sie besonders machen.

 

Rückblickend betrachtet: Welcher Beruf hat Sie mehr erfüllt – Architektin oder »Eisdielerin« ? 

 

»Mehr erfüllt« kann ich gar nicht sagen... Zum einen bin ich erst seit einem Jahr »Eisdielerin«, zum anderen hat alles seine Zeit. Der Beruf als Architektin hat mich zu einer bestimmten Zeit sehr erfüllt. Der Wunsch nach einer Veränderung war eines Tages einfach da. Ich bin nach wie vor Architektin. Aber die Kombination, den Wünschen der Familie und dem Gedanken, im Leben irgendwann noch einmal etwas ganz anderes zu machen, gerecht zu werden, sorgte für Veränderung. So war im letzten Jahr für mich genau der richtige Zeitpunkt da.

 

Liefern Sie mir mein Wunscheis auch nach Findorff ?

 

Na, klar ! Einfach anrufen oder eine E-Mail schreiben. Vielleicht doch lieber per Anruf bestellen. Das ist persönlicher – und das mag ich.

 

Interview: Mathias Rätsch, Foto: Bildplantage13Interview erschienen in Ausgabe Nr. 8, 2018

 

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