AUF IMMOBILIENSUCHE IN FINDORFF


Mit dem Hauskauf hatten wir großes Glück.

Michael Rieck (43) arbeitet beim Theater Bremen als Veranstaltungstechniker. Er sammelt Fahrräder aller Art – da ist es praktisch, dass es eine Garage gibt. Nele Dörschner (34) studiert zur Zeit Architektur. Mads (5) besucht den Kindergarten. Lotte (8) und Mika (13) gehen zur Schule und wohnen in der Neustadt bzw. im Viertel. Beide kommen zur Abwechslung immer wieder gern im Findorffer Backsteinhaus vorbei – und finden es auch ganz toll, das der Büchereibus hier fast vor der Haustür hält.

 


Michael, ihr seid eine junge Familie und habt ein altes Reiheneckhaus in Findorff gekauft. Warum gerade hier ?

 

Wir kommen urspünglich aus Peterswerder, wo wir lange in einer günstigen Mietwohnung gelebt haben. Wir wollten nicht wie viele Familien in das Bremer Umland ziehen und pendeln, sondern weiter in der Stadt leben. Als Fahrradkurier im Nebenjob bin ich einst viel durch den Teil von Findorff rund um die Magdeburger Straße gefahren. Schon damals dachte ich: Diese Gegend mit den Backsteinhäusern finde ich total nett. 

 

Warum habt ihr gekauft, statt ein Haus zu mieten ? 

 

Wenn man Miete zahlt, ist das Geld für immer weg. Als wir am Anfang mit viel Glück eine günstige Mietwohnung gefunden hatten, konnten wir uns noch kein Haus leisten. Erst mit einer kleinen Erbschaft wurde ein Hauskauf möglich. Plötzlich hatten wir ausreichend Eigenkapital. Jetzt zahlen wir die Raten in der Höhe ab, wie wir auch Miete für eine Wohnung zahlen würden.

 

Findorff gehört zu den begehrtesten Stadtteilen in Bremen, in denen es kaum noch bezahlbare Angebote gibt. Wie und wo habt ihr überall eine Immobilie gesucht ? 

 

Wir haben wie alle auf den bekannten Internetportalen und auf www.bremen.de gesucht, weil es da manchmal noch private Angebote ohne Makler gibt – und wir haben Freunde gefragt. 

 

Wie habt ihr es geschafft, in Findorff ein Haus zu finden ?

 

Es war großer Zufall, dass ein Makler auf einem Portal genau unser »Wunschhaus« in der richtigen Lage angeboten hat: ein Backsteinhaus in der Karlshafener Straße. Wir waren scheinbar auch die Einzigen, die das Potentzial dieses Hauses erkannt haben, in dem unten ja ein Ladengeschäft ist. Das hat andere Interessenten gestört, die die Absicht hatten, zu investieren und sofort massiv umzubauen – und auch kein Ladengeschäft, sondern ein ganzes Haus ganz für sich haben wollten. Wir hingegen brauchen nicht viel Platz – und der vermietete Laden hilft, den Abtrag zu bewältigen. Wir wohnen darüber auf der restlichen Fläche. Die ist groß genug. Lotte und Mads teilen sich ein Kinderzimmer. Das ist in ihrem Alter noch kein Problem.

 


Man kann viel selbst machen, wenn man sich nur traut.

 

Ausgerechnet junge Familien, aber auch Ältere bekommen nur schwer Kredite, mit der Begründung, das es schwierig sei, ihre Einkommensentwicklung über Jahrzehnte vorherzusagen. Wie war das bei euch ? Welche Risiken seit ihr eingegangen ?

 

Vor zwei Jahren war es für uns kein Problem, eine Finanzierung zu bekommen. Wir haben allerdings auch sehr »spitz« gerechnet, uns über lange Zeit gebunden und können leider nur relativ wenig tilgen. Das könnte für uns ein Risiko werden, wenn die Zinsen am Ende der Laufzeit stark gestiegen sein sollten. Aber wir haben uns gesagt: Auch sonst müssten wir später im Leben weiter Miete zahlen, die ja inzwischen auch nicht günstiger geworden ist. Nele ist noch im Studium. Wir hoffen, das sie nach ihrem Abschluss einen Job findet und wir zwei Gehälter haben. 

 

Ihr habt bei der Renovierung im Innenbereich des Hauses viel in Eigenleistung gemacht. Sogar die Möbel sind selbstgebaut. Kann man so viel Geld sparen oder ist das eine Illusion ? 

 

Man kann viel selbst machen, wenn man sich nur traut. Das Bad haben wir, bis auf die Sanitäreinbauten, allein renoviert. Mein Schwiegervater und ich haben die Wände und den Boden gemacht. Nele hat gefliest. Wir hatten nicht den Anspruch, das alles komplett gefliest sein muss. Wir brauchen auch keine Fußbodenheizung, wie man uns einreden wollte. Mein Bruder hat den Boden mit einer geliehenen Schleifmaschine abgeschliffen. Was die Möbel betrifft, hat Nele immer großartige Ideen. Wenn man ein Sideboard aus drei Küchenschränken und einer Holzplatte darauf als Ablage baut, spart man – sogar im Vergleich zu den Angeboten der Möbelhäuser. Es muss auch nicht alles sofort fertig sein. Wir lassen uns Zeit. Die alte Elektrik macht der Elekriker dann neu, wenn wir das Geld haben. 

 

Würdet ihr die Entscheidung, ein Haus in Findorff zu kaufen, nochmals so treffen oder ist im Stadtteil ein Hauskauf mittlerweile noch schwieriger bis unmöglich geworden ?

 

Heute würde es für uns schwer werden, noch einen Kredit zu bekommen. Leute mit eigentlich guten Gehältern bekommen keine Darlehen mehr. Die Zinsen sind weiter gefallen, aber die Preise auch weiter gestiegen. Das Angebot ist mehr als knapp. Mit dem Hauskauf hatten wir großes Glück, dass es gerade noch so geklappt hat. Manchmal denke ich aber auch: Konnten wir uns das Haus tatsächlich leisten ? Haben wir doch zu teuer gekauft ? Aber, dann sage ich mir: Hallo, wir haben jetzt ein Haus ! Die Nachbarn sind klasse. Wir haben auch mit allen »Einweihung« gefeiert. Leider war das Wetter nicht so gut. Aber dann feiern wir demnächst eben noch einmal – vielleicht diesmal gleich ein großes Straßenfest. 

 

Interview: Mathias Rätsch, Foto: Kerstin RolfesInterview erschienen in Ausgabe Nr. 3, 2017

 

© Kerstin Rolfes
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