OLAF ERNSTING ÜBER SEINE SITUATION ALS KLEINUNTERNEHMER IM »Lockdown«


Es ist zum Kotzen!

»In jedem vierten Unternehmen droht die Insolvenz.« lese ich heute in einer aktuellen Umfrage der Handelskammer Bremen im Januar 2021. Hört, hört! Wenn wundern diese Zahlen wirklich? Und: Ich als Kleinunternehmer komme mir inzwischen vor wie der letzte Idiot.

 

Da bin ich ganz ehrlich: Mit den € 9.000 im letzten Frühjahr konnte ich gut leben. Diese Hilfe war zumindest für mich völlig in Ordnung. Auch die 75 %, die Betriebe bekommen haben, die ab November schließen mussten, hätte ich rückblickend sofort akzeptiert. Aber was jetzt abgezogen wird ist eine ganz miese Nummer! 

 

Erst verspricht uns der Bürgermeister am 7. Dezember 2021 noch, dass es quasi keine Veranlassung gäbe, den Handel in Bremen zu schließen und Gesundheitsminister Spahn meinte im Sommer noch, das es im Frühjahr ein Fehler war, den man nicht wiederholen würde. Nur fünf Tage später dreht sich Bürgermeister  Bovenschulte um 180 Grad und kann uns nicht schnell genug schließen – aber wie gut, dass Großmärkte wie »real« weiterhin »unsere« Produkte verkaufen dürfen. Das nenne ich nur »Wettbewerbsverzerrung par excellence«!

 


»Hilfspaket 2« ist der Hammer!

Anschließend wurde für den Handel, beziehungsweise für die HändlerInnen, die ab Mitte Dezember nicht mehr oder nur noch eingeschränkt öffnen durften, auf Bundesebene beschlossen, Coronahilfen nach Umsatz zu bewilligen, um sich an den Fixkosten wie Miete, Strom, Telefon, etc. prozentual zu beteiligen. Diese Unterstützung nennt sich »Hilfspaket 2« und ist der Hammer! Während alle, die schon im November dicht machen mussten, noch irgendwann pauschal mit 75 % des Vorjahresumsatzes entschädigt werden (wobei diese »Soforthilfen« größtenteils noch längst nicht ausgezahlt sind. Unfassbar!) bekommen alle, die nach wie vor durchhalten ein bisschen finanzielle Hilfe erstattet – gestaffelt nach Umsatzrückgängen. Bei 30 % Umsatzrückgang sind das beispielsweise »bis zu 40 %«. Wer allerdings weniger als 30 % Verlust im Vergleich zum Vorjahresmonat hatte geht komplett leer aus. Für mich heißt das übrigens in diesem Fall, dass ich im Dezember die »30 % Marke« rückwirkend leider knapp verpasst habe, weil ich dummerweise ca. 400 Euro zu viel Umsatz gemacht habe. Ich werde also als Unternehmer dafür bestraft, dass ich unter schwierigen Rahmenbedingungen noch so viel Umsatz wie möglich erwirtschaftet habe, damit ich beispielsweise meine Rechnungen noch bezahlen konnte. Die Förderung hätte bei 30 %  Umsatzrückgang grob über den Daumen übrigens ca. 1.000 bis 1.500 Euro betragen.

 


So fühlt man sich richtig schön verschaukelt.

Die Differenz meiner Verluste im Vergleich dazu liegt  bei mir jetzt bei mehr als dem Doppelten –  allein bezogen auf die Einnahmen, die im Monat Dezember in der Kasse fehlten. Ist das geil oder ist das geil? So fühlt man sich dann alles in allem richtig schön verschaukelt. 

 

Für den Januar mache ich mir jetzt keinerlei »Sorgen« mehr, dieses »Ziel« nicht zu erreichen. Weit mehr als nur 30 % Umsatzverluste packe ich in 2021 ganz locker, denn weder der Lieferservice noch »Click & Collect« können für die »Video Boxx« derzeit wirklich irgendetwas reißen. Was ich momentan nur noch leisten kann ist reine Schadensbegrenzung. Ich bin mir ziemlich sicher: So wie mir ergeht es auch vielen anderen kleineren HändlerInnen. Die veröffentlichten Zahlen der aktuellen Umfrage der Handelskammer Bremen zu unserer Situation kommen in der Tat nicht von ungefähr.

 

Ach ja, das »Hilfspaket 3«, welches für die Zeit ab Januar 2021 gelten soll, kann man immer noch nicht beantragen. Wenn weiterhin noch nicht einmal das Geld für den November 2020 an die Betriebe als Unterstützung ausgezahlt wurde, kann man sich ungefähr denken, ab wann bei uns als KleinunternehmerInnen irgendwann etwas für die kommenden Monate ankommt. Die zugesagte Unterstützung wird in der Summe nicht nur viel zu wenig sein, sie wird dann für viele von uns auch viel zu spät kommen.

 

Videoboxx Videothek Findorff Findorffer Geschäftsleute Magazin Stadtteil Bremen Einzelhandel Gastro Restaurants essen gehen

Olaf Ernsting ist seit 1990 selbstständig, u. a. mit Standorten in Delmenhorst, Syke und Bruchhausen-Vilsen – und seit 2011 Inhaber der »Video Boxx«. die gibt es bereits seit 2002 in Bremen Findorff in der Fürther Straße 10. Weitere Informationen zur »Video Boxx« in Findorff in der Fürther Straße 10 auf  www.videothekbremen.de, www.instagram.com/hochleistungsvideothekar sowie auf www.facebook.com/VideoBoxxHB


 

Geschrieben im Januar 2021, Foto: Martin Bockhacker, www.bildplantage13.de 

 

Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema? Schreiben Sie uns einen digitalen Leserbrief. Mehr...