Claudia Schreiber wurde in Oldenburg geboren und ist in Bremerhaven aufgewachsen, wodurch sich ihre Verbundenheit zum Meer erklärt. Seit zwölf Jahren lebt sie in Bremen. Als Kind wollte
Claudia Schreiber Meeresbiologin werden, aber mittlerweile ist sie froh, diesen Weg nicht eingeschlagen zu haben. Schreiber machte eine kaufmännische Ausbildung. Sie studierte Betriebswirtschaft
und Wirtschaftsrecht mit nationaler Ausrichtung und Schwerpunkt Finanzen und Wirtschaftskriminalität. Beide Studiengänge absolvierte sie unter anderem in Boston und Krakau. Mit einer Menge Mut
und dem Wunsch zur Veränderung eröffnete sie ihre Seifenmanufaktur »Martha’s Corner«. Durch dieses Konzept ist sie ihrer Liebe zur Natur wieder etwas näher und trägt ihren Teil zu einer
nachhaltigeren Welt bei. Mehr Infos und den Shop auf www.marthas-corner.de
Claudia Schreiber, wann hatten Sie die Idee eine Seifenmanufaktur zu gründen ?
Ich habe vor einigen Jahren im Fernsehen einen Dokumentarfilm über Palmöl gesehen. Dadurch habe ich angefangen zu recherchieren, um mit Rezepten aus dem Internet eigene Seife herzustellen. Diese habe ich an Familie und Freunde verschenkt und bin auf die Idee gekommen meine Seifen online zu verkaufen. Aufgrund der administrativen Aspekte bin ich dann relativ schnell wieder ausgestiegen. Für jedes Produkt muss man unglaublich viel abklären und prüfen lassen, was einen als EinsteigerInnen zu erschlagen scheint.
Woher kommt Ihre Leidenschaft für das Produkt »Seife« ?
Ich war schon immer sehr naturverbunden und habe schon in jungen Jahren angefangen, Kosmetik selbst zu machen, weil ich mit Hautproblemen zu kämpfen hatte. Neben der Schule habe ich bei einer großen Kosmetikkette gearbeitet. Auch meine Tante war Kosmetikerin – diese Welt war also bereits damals ein Teil meines Lebens. Eigentlich war ich schon immer kreativ, habe dann beruflich zunächst jedoch eine ganz andere Richtung eingeschlagen: Ich habe als Betriebswirtin und Wirtschaftsjuristin gearbeitet. Die Liebe zum Meer und die Verbundenheit zur Natur hielt aber immer an. Ich wollte Menschen zeigen, dass Produkte, die gut für die Haut sind, nicht hunderte an Inhaltsstoffen brauchen, sondern einfach produziert mehr bringen.
Mit welcher Seife haben Sie angefangen ?
Im Laden in der Münchener Straße habe ich als erstes »Shea Schätzchen« herausgebracht. Diese Reihe gibt es in verschiedenen Varianten. Es sind dann immer mehr Produkte dazugekommen, beispielsweise im Bereich Creme und Haarseife sowie verschiedene Beiprodukte. Mein persönlicher Favorit ist »Shea Schätzchen Natur unbeduftet«. Allen KundInnen gerecht werden kann man natürlich nie. JedeR hat einen eigenen Geschmack. Jede Haut reagiert anders. Ich wurde einmal gefragt, woher ich gewusst hätte, dass meine Produkte gut ankommen würden. Das wusste ich anfangs natürlich gar nicht. Eine Garantie hat man nie. Das ist Geschäftsrisiko, aber ich habe offensichtlich viel Glück gehabt.
Wieso haben Sie den Standort Findorff gewählt ?
Ich habe damals in Schwachhausen gewohnt. Mein Nachbar bekam mit, dass ich in meinem Job nicht wirklich glücklich war. Da ich meine Produkte nicht Zuhause produzieren darf, war die Idee, eine kleine Siederei zu eröffnen. Mein Nachbar hatte diese Immobilie zu dem Zeitpunkt gerade gekauft und der Standort für den heutigen Laden hat sich dann durch unsere Gespräche eher zufällig ergeben. Findorff ist perfekt für meine Produkte: Das Motto »weniger ist mehr« findet hier viel Anklang – und trotz der Distanz zur Hemmstraße, die sicherlich die Geschäftsstraße im Stadtteil ist, kommen meine KundInnen treu zu mir.
Gibt es eine Seife, die besonders gut ankommt ?
Eindeutig das »Shea Schätzchen frisch«. Diese Seife ist auf KundInnenwunsch entstanden und mit Abstand der Liebling meiner KundInnen. Haarseife und festes Shampoo kommen auch sehr gut an.
Parallel zum lokalen, stationären Geschäft in der Münchener Straße vertreiben Sie Ihre Produkte auch deutschlandweit online. Was zeichnet einen guten Onlineshop aus und kann man eine Präsenz im Internet einfach aus dem Boden stampfen ?
Es gibt in ganz Deutschland viele wunderbare Geschäfte, die alle online Seife verkaufen. Ich habe mich von Anfang an dazu entschieden, mehrere Standbeine aufzubauen: meinen Laden, Onlinehandel und Kursangebote. Vor allem online muss man sich erst mal einen Namen erarbeiten – ein Prozess, der einige Zeit dauert. Der größte Teil meines Geschäftes ist weiterhin mein Laden. Verschiedene Aktionen, wie zum Beispiel meine aktuelle Unterstützung eines kleinen australischen Vereins, bekommen viel Aufmerksamkeit im Netz. Ich habe auch KundInnen im Ausland, die meine Produkte als Geschenke an FreundInnen verschicken lassen. Den Onlinehandel habe ich jedoch so direkt nie groß beworben. Ich wollte mich immer von anderen Angeboten im Netz unterscheiden, durch meine Nachhaltigkeit und auch durch ein anderes Sortiment an Produkten. Das Wichtigste an einer Internetpräsenz ist aus meiner Erfahrung, dass KundInnen viele Informationen erhalten und sich auch online willkommen fühlen – damit ein ähnliches Gefühl aufkommen kann, wie hier im Laden. Ich bin froh, dass ich nach dem ersten Corona-Schock wieder öffnen konnte, denn ich liebe den persönlichen Kontakt zu meinen KundInnen! Die Präsenz online ist sehr wichtig und ich bin dankbar, dass ich den Shop zu Beginn meiner Geschäftstätigkeit schon aufgebaut habe und dieser mein eigentliches Geschäft unterstützt.
Ein TV-Beitrag über die Seifenmanufaktur »Martha‘s Corner« in »buten un binnen«
Wie haben Sie sich die Produktion der Seifen beigebracht ?
Durch mein Studium habe ich sehr gut recherchieren gelernt. Mit diesen Erfahrungen habe ich mir dann vieles aus dem Netz gefischt. Viele Tutorials und der Kontakt mit amerikanischen KollegInnen haben mir weitergeholfen. Ich habe damals auch mehrere Bücher über das Thema durchgelesen, um die verschiedenen Philosophien kennenzulernen. In dieser Zeit habe ich unglaublich tolle Menschen kennengelernt, vor allem auch auf »facebook«. Dort war ich in größtenteils in englisch sprachigen Gruppen unterwegs, die mir sehr geholfen haben. Aber irgendwann ist es das Wichtigste, es einfach auszuprobieren. Aber irgendwann ist es das Wichtigste, es einfach auszuprobieren. Ich wollte früher immer Aquarelle malen, aber ich wollte die teuren Materialien nie verschwenden. Mein Onkel, der studierter Innenarchitekt und Kunstmaler ist, hat mir dann irgendwann gesagt, sei mutig – nur so kannst du dich weiterentwickeln. Diese Worte habe ich bis heute im Kopf, wenn ich Dinge neu ausprobiere.
Wie wichtig ist der Online-Shop für den Umsatz oder könnten Sie auch nur von dem Ladengeschäft in Findorff leben ?
In der Coronazeit, als mein Laden geschlossen werden musste, war der Onlinehandel für mich und vermutlich auch für die meisten stationär und online aufgestellten Geschäftsleute sehr wichtig. Der Laden bringt allerdings den Großteil des Umsatzes ein. Ich hoffe, in der derzeitigen Situation schärft sich auch das Bewusstsein der Menschen, wie wichtig der stationäre Handel ist – denn auf einmal funktioniert zum Beispiel der internationale Handel nicht mehr so wie vorher: Man muss sich jetzt auf die lokalen Geschäfte verlassen können. Dennoch glaube ich, dass der Onlinehandel noch wichtiger werden wird. Das ist eine unumkehrbare Entwicklung, die ich auch deshalb so bewerte, weil ich neben KundInnen, die von außerhalb bestellen, auch viele KundInnen habe, die zwar in Bremen eigentlich nahebei wohnen, aber trotzdem ausschließlich online bei mir bestellen.
Spielen Aufträge für Events und Firmen eine große Rolle ?
Als kleines Geschäft ist es natürlich schwierig große Konzerne als KundInnen überhaupt ansprechen zu können. Ich hatte das große Glück im ersten Jahr eine große Umweltorganisation aus Hamburg als Kunden zu haben. Durch diesen Glücksfall konnte ich unter anderem in weiteres Werkzeug investieren. Auch für die eigene Reputation ist ein so bekannter Kunde sehr wichtig. Für ein anderes Unternehmen habe ich zum Beispiel auch zwei exklusive Kleinserien hergestellt. Wenn man gut arbeitet und Aufträge zur Zufriedenheit der KundInnen erledigt, spricht es sich herum und das bringt natürlich weitere Vorteile. Sobald nach Corona technisch alles wieder erlaubt ist und ich die Kapazität habe, werden auch Kurse wieder stattfinden können. Die werden gern für Junggesellinnenabschiede oder Abteilungsevents angefragt.
Wie schaffen Sie es, dass KundInnen bei Ihnen kaufen und nicht bei den großen Konkurrenten ?
Die Inhaltsstoffe sind entscheidend. Der große Unterschied sind die Natürlichkeit meiner Produkte und deren Verpackung. Große Ketten werben oft mit Nachhaltigkeit, jedoch muss man sich dann die Qualität und die Anzahl der Inhaltsstoffe immer genau anschauen. Auch eigene Experimente Zuhause gehen oft schief, wenn man sich nicht wirklich mit der Materie auskennt.
Sie werben für die Produkte von »Martha’s Corner« auch mit Nachhaltigkeit – nicht nur für Ihre Zielgruppe heute ein wichtiges Kriterium. Können Sie unseren LeserInnen kurz erläutern, warum die Produkte, die Sie verkaufen, nachhaltig sind und warum Ihnen dieses Anliegen so wichtig ist ?
Für mich hat Nachhaltigkeit ganz viel mit der Verpackung zu tun. Wir wollen so wenig Müll wie möglich produzieren. Auch naturbelassene Rohstoffe, die möglichst fair gehandelt wurden, sind uns wichtig. Ich habe viele meiner LieferantInnen, die für die Rohstoffe der Seifenproduktion sorgen, schon persönlich kennengelernt. Nachhaltigkeit hat ganz viele Aspekte. Wichtig ist für mich auch, dass alles plastik-, mineralöl-, silikon- und mikroplastikfrei ist, denn alles, was ins Wasser gelangt, bleibt auch im Wasser. Ich verkaufe vieles unverpackt. Nachhaltigkeit fängt bei mir auch schon damit an, dass ich bei einer gemeinnützigen Bank bin, bei einer Umweltorganisation Strom beziehe und auch in der Produktion darauf achte, möglichst wenig Müll zu produzieren. Alle meine Produkte sind palmölfrei. Die meisten meiner KundInnen kommen tatsächlich auch mit ihren eigenen Einkaufstaschen. Ich sehe bei meiner Kundschaft immer wieder, dass viele den Aspekt der Nachhaltigkeit schon im Kopf haben – das ist total super.
Interview: Lilli Schmitz, Foto: Bildplantage 13, Interview erschienen in Ausgabe Nr. 16, 2020